Vergangene Woche hat das Plenum des Europaparlaments einer Resolution zum Thema Hochseepiraterie zugestimmt, die der geplanten Ausweitung der EU-Mission ATALANTA auf den somalischen Küstenstreifen ausdrücklich Rückendeckung gibt. Wir Grüne stimmten mit Nein. Dem Votum war ein heftiges Kompetenzgerangel zwischen Außen- und Verkehrsausschuss des Parlaments vorausgegangen.
Bereits im März war ein Streit entbrannt. Nachdem bis dato unumstritten der Auswärtige Ausschuß (AFET) für Somalia und ATALANTA zuständig gewesen war, hatte überraschenderweise der Verkehrsausschuss hierzu eine Debatte samt Resolution im Plenum eingefordert. Darin spiegelte sich eine Auseinandersetzung innerhalb der Europäischen Kommission wider, in der die Generaldirektion Verkehr (TRAN) sich jüngst zum Thema Piraterie wichtig macht. Ich vermute dahinter den Versuch, die Interessen der Schifffahrtsunternehmen mehr ins Zentrum zu stellen. Der Vorsitzende des AFET, CDU-Abgeordneter Elmar Brok, verwehrte sich zwar gegen ein solch absurdes Kompetenzgerangel, aber er erreichte nur eine Verschiebung der Debatte.
Die nun abgestimmte Resolution sieht einen verstärkten militärischen Handlungsbedarf vor und an der Küste Somalias. Mit Änderungsanträgen versuchte ich insbesondere, das Plenum zu einer Ablehnung der jüngst beschlossenen Atalanta-Ausweitung zu bewegen, welche Hubschrauber-Angriffe gegen Piratenlogistik an der somalischen Küste ermöglicht. Die Zweifelhaftigkeit dieser Mandatsveränderung änderte nichts am Ergebnis: Mit großer Mehrheit, übrigens auch der breiten Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion (und auch einiger SPD-Abgeordneter), segnete das Plenum diese umstrittene militärische Strategie ab – übrigens drei Stunden, bevor schwarz-gelb im Bundestag die deutsche Atalanta-Beteiligung ratifizierte.
Auf der Positivseite steht, dass mein Änderungsantrag angenommen wurde, welcher das Somaliland sowie das halbautonome Puntland im Unterschied zum Ursprungsenwurf als Regionen und nicht als unabhängige Staaten bezeichnet. Mitten in der politischen Transition hätte der von den Verkehrspolitikern ursprünglich empfohlene Text gewiss gefährliche Sprengkraft entfaltet.
Demnächst gibt es in einem zweiten Bericht zum Horn von Afrika, diesmal aus dem AFET-Ausschuß, hoffentlich die Chance, langfristige außen-, sicherheits- und entwicklungspolitische Ansätze für Somalia aufzuzeugen.