Westbalkankonferenz | PRESSEMITTEILUNG

Aus Anlass der Westbalkankonferenz, die heute in Posen beginnt, erklärt Reinhard Bütikofer, MdEP und Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei (EGP):

“Die Westbalkankonferenz in Polen wird überschattet von aktuellen Äußerungen des französischen Präsidenten Macron. Der hat, nicht zum ersten Mal, massiv an der Beitrittsperspektive für Westbalkanländer gerüttelt. Er sagte, dass er dafür kämpfen werde, dass es keine Erweiterung vor der Reformierung der EU geben solle. Macron bezog sich zur Begründung auf die Entscheidungsschwäche und Zerstrittenheit des Europäischen Rates, die dieser gerade wieder demonstriert hat. Das ist allerdings einigermaßen zynisch, weil Macron selbst durch seine rabiate Vorgehensweise und seine Rücksichtslosigkeit die Konsensfindung schwer beeinträchtigt hatte.

Gefährlich erscheint Macrons Äußerung vor allem mit Hinblick auf die im Oktober anstehende Entscheidung über die mögliche Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und eventuell auch mit Albanien. Es wäre verhängnisvoll, wenn es nicht mindestens im Fall Nordmazedoniens eine positive Entscheidung gäbe. Diese ist eigentlich schon zweimal aufgeschoben worden, gegen den Rat der Europäischen Kommission. Wenn der Mut Nordmazedoniens bei der Lösung des Nachbarschaftskonfliktes mit Griechenland nicht respektiert, sondern mit Missachtung gestraft wird, kann das dazu führen, dass dieser große Sieg über nationalistische Kräfte auf beiden Seiten der nordmazedonisch-griechischen Grenze sich in ein Comeback der Nationalisten verkehrt. Statt Befriedung wäre vertiefter Konflikt die Folge.

Die Bundesregierung wird um eine positive Entscheidung für Nordmazedonien kämpfen müssen. Formal schließt Macrons Erklärung die Tür für Beitrittsverhandlungen nicht vollständig. Man kann Beitrittsverhandlungen beginnen und gleichzeitig an notwendigen inneren Reformen der EU arbeiten. Man muss es. Wer diese Gleichzeitigkeit negierte, beginge einen schwerwiegenden historischen
Fehler und schadete nicht nur den betroffenen Ländern im Westbalkan, sondern ganz Europa.”