Eine Plenarwoche des Europäischen Parlaments liegt noch vor uns, bevor die Legislaturperiode zu Ende geht. Ob ich in der Straßburgwoche vom 15. bis 18. April noch einmal im Plenum das Wort ergreifen werde, steht noch dahin. Trotzdem erscheint mir der Zeitpunkt geeignet, um einen Rückblick auf meine Plenaraktivitäten in den vergangenen fünf Jahren anzubieten.
Das Europäische Parlament ist kein Debattenparlament. Längere Reden werden dort selten gehalten. Der Präsident der Europäischen Kommission spricht einmal im Jahr zur Lage der Union. Alle Staats- und Regierungschefs der einzelnen Mitgliedstaaten haben in dieser Legislaturperiode im Plenum des Europäischen Parlaments gesprochen und mit den Abgeordneten diskutiert. Auch sonstige hochrangige Gäste kamen länger zu Wort. Aber Parlamentarierreden, selbst solche der Fraktionsvorsitzenden, dauern nicht länger als fünf Minuten.
Insgesamt 72 Mal habe ich in den letzten fünf Jahren in Plenardebatten des Europäischen Parlaments das Wort ergriffen; das entspricht etwa eineinviertel Reden pro Monat. In drei Phasen habe ich mein Mundwerk mit jeweils vier Reden in einer Plenarwoche besonders strapaziert. Das war im Juni 2016 mit Reden zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Bahnindustrie, zur Reform der europäischen Handelsschutzinstrumente, zur Halbzeitevaluierung des Juncker-Investment-Plans und zu den Beziehungen der EU zu den Philippinen (insgesamt 7 Minuten und 41 Sekunden). Dann erneut im September 2018 mit Reden zur europäischen Plastikstrategie, zu den EU-China-Beziehungen, zu den EU-USA-Beziehungen und zu Killer-Robotern (insgesamt 5 Minuten und 58 Sekunden). Und schließlich noch einmal im Februar 2019 mit Reden zu 5G, zu Investment-Screening, zum INF-Vertrag und zum Handelsabkommen mit Singapur (9 Minuten und 31 Sekunden). Insgesamt hatte ich eine Redezeit von knapp unter zwei Stunden und 35 Minuten. Das waren im Durchschnitt pro Rede zwei Minuten und acht Sekunden.
Thematisch bildet meine Redezeit die Schwerpunkte meiner parlamentarischen Arbeit gut ab. An der Spitze stehen die verschiedenen Aspekte der Industriepolitik samt Digitalisierung mit fünfzehn Reden. Vierzehn Reden gab es zur China-Politik. An dritter Stelle kommt die Sicherheitspolitik, bei der es vor allem um den europäischen Verteidigungsfond ging mit zehn Reden. Zu transatlantischen Fragen sprach ich sieben Mal und zu sonstigen Fragen der Außenpolitik neun Mal. Fünf Mal konnte ich in Debatten mit europäischen Staats- und Regierungschefs das Wort ergreifen. Je drei Mal sprach ich zu Nordstream 2 und zu Fragen der Handelspolitik. Ansonsten finden sich in der Redeliste die Stichworte: Demokratie, Rechtsstaat, Balkan, Antisemitismus, Jugendpolitik.
Gab es eine Rede, auf die ich besonders stolz bin? Nicht, dass ich mich erinnern könnte. Es ist nicht ganz leicht, in ziemlich kurzer Redezeit rhetorisch Bäume auszureißen. Man lernt allerdings auch, sich auf wichtige Botschaften so zu konzentrieren, dass sie ankommen. Wirkliche politische Bewegung findet nicht in Parlamentsreden, sondern vor allem in Ausschusssitzungen oder anderen Vorbesprechungen statt.
Aber manchmal gelingen auch in sehr kurzer Redezeit bewegende Reden. Zwei davon hat mein Lieblingsschotte Alyn Smith gehalten. In beiden bewegte er das ganze Parlament mit sehr emotionalen Worten, die voller Protest gegen den Brexit die europäische Verbundenheit der Schotten ausdrückten. Eine davon, die er am 27. März im Plenum hielt, möchte ich gerne zum Ansehen empfehlen. Hier ist sie. Im Vergleich mit dem Gerede aus dem britischen Unterhaus – Oh Mutter aller Parlamente! – eine wunderschöne europäische Miniatur.
Sonst noch
- Mit Blick auf die Europawahl erhalte ich zahlreiche Einladungen aus der Wirtschaftswelt und sprach diese Woche bei Eurochambers, bei der BDA, bei der DIHK und nicht zuletzt beim hub.berlin.
- Am Donnerstag und Freitag diese Woche bin ich unterwegs in Mecklenburg-Vorpommern: Eine Teatime mit Gespräch zum Thema Brexit bei der Heinrich Böll Stiftung, eine Podiumsdiskussion an der Universität Rostock, eine Diskussion mit SchülerInnen der IB Medizinischen Akademie Rostock, ein Termin mit dem NABU im Naturschutzgebiet Griever Holz und eine Veranstaltung der Europa Union Schwerin.
- Am Samstag lädt die Europäische Grüne Partei zur The Green Wave-Veranstaltung in Brüssel ein. Vielleicht sehen wir uns ja dort.
- Den EU-China-Gipfel habe ich vorher und nachher kommentiert. Außerdem habe ich hierzu der Heinrich Böll Stiftung ein Interview gegeben und im Plenum dazu gesprochen.
- Einen Beitrag zu 5G und Cybersicherheit schrieb ich als Reaktion auf den Artikel des chinesischen Botschafters Zhang Ming für Euractiv.
- Meine Ausgang des Brexit-Sondergipfels kommentierte ich hier.
- Meine Pressemitteilung zum Wahlausgang in Israel gibt es hier.
- Zusammen mit Volker Stanzel habe ich am Mittwoch bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sein neues Buch „Die ratlose Außenpolitik: und warum sie den Rückhalt der Gesellschaft braucht“ vorgestellt.
- Europas neue Verteidigungspolitik à la Konservative und Liberale (EVP/ECR/ALDE): Milliarden Subventionen für die Rüstungsindustrie und Nullkontrolle für das Parlament. Mein Brief an Tajani und Cecilia Wikström.