Zur aktuellen Eskalation im Konflikt um Nordkoreas Atomrüstung erklärt Reinhard Bütikofer, Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei:
„Die gegenwärtige Lage im Nordkorea-Konflikt bedroht den Frieden in der asiatischen Region mehr als irgendein anderes Ereignis der letzten 40 Jahre. Mit den USA, China und Nordkorea sind drei Atommächte unmittelbar berührt. Hunderte Millionen Menschen könnten in einem verheerenden militärischen Konflikt zu Opfern zu werden. Wegen der globalen Bedeutung dieser Region und der handelnden Mächte würden die Auswirkungen einer weiteren Eskalation gewiss nicht regional beschränkt bleiben, die ganze Welt würde in Mitleidenschaft gezogen.
Europa muss in dieser Situation mit einer klaren gemeinsamen Stimme sprechen. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten sind nicht unmittelbar beteiligte Akteure, aber aus der Verantwortung für den Weltfrieden und auch aus Eigeninteresse muss Europa eindeutig für eine Kursänderung in diesem Konflikt eintreten, die auf Verhandlungen statt auf militärisches Vorgehen setzt. Alle denkbaren militärischen Szenarien führen in der einen oder anderen Weise zu Katastrophen. Dabei würden die Bevölkerungen Süd- und Nordkoreas, Japans, der USA und Chinas am meisten leiden. Es kann nicht um eine Wahl zwischen verschiedenen militärischen Alternativen gehen. Es muss um die Entscheidung für den Verhandlungsweg gehen. Vom Grundsatz her gilt dabei die Erfahrung, die die internationale Gemeinschaft im Atomrüstungskonflikt mit dem Iran gemacht hat: Begrenzung der Nuklearkapazität im Gegenzug zu Sanktions-Erleichterungen und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Die derzeitige Ausweitung von Sanktionen gegen das Regime des Diktators Kim, die vom UN-Sicherheitsrat beschlossen und von der EU unterstützt und mit umgesetzt wird, ist Bestandteil dieser Verhandlungsstrategie.
Dass Mitglieder der Bundesregierung öffentlich von ihrem Verständnis oder Unverständnis für die Vorgehensweise des amerikanischen Präsidenten Trump sprechen, taugt noch nicht einmal als Beitrag zum Wahlkampf. Die deutsche Verantwortung sieht anders aus: Deutschland muss innerhalb der EU initiativ werden, damit diese gemeinsam ihre Stimme erhebt. Die EU war in der Vergangenheit an den Sechs-Seiten-Gesprächen zwischen Nordkorea, Südkorea, China, den USA, Japan und Russland nicht beteiligt und sollte auch nicht danach streben, das zu ändern. Aber sie soll gegenüber allen sechs Seiten in eindringlicher Weise die Forderung nach einer Umkehr in Richtung Verhandlungsoption deutlich machen. Es ist im Interesse der EU, die Stimmen auf verschiedenen Seiten zu stärken, die sich für Verhandlungen aussprechen, insbesondere solche Stimmen aus Washington. Die EU sollte insbesondere durch die zwei Sicherheitsrats-Mitglieder Großbritannien und Frankreich nachdrücklich dafür eintreten, dass alle Möglichkeiten der Vereinten Nationen genutzt werden, um den Ausbruch eines Krieges um Korea zu verhindern.“