Carbon Tracker Studie: Wieso dem Kohle-Zeitalter nicht der Erdgas-Boom folgen darf

Wollen wir gefährlichen Klimawandel auf zwei Grad begrenzen, darf auf die Überproduktion von Erdöl und Kohle, nicht die Überproduktion von Erdgas folgen. So lautet das Fazit des in London angesiedelten Think-Tanks Carbon Tracker in ihrer Analyse des Erdgassektors. Als Teil einer Reihe von Studien, die den gegenwärtigen Bestand von fossilen Energien mit dem noch zur Verfügung stehenden “Carbon Budget” vergleicht, hatte der Think Tank bereits den Erdöl- und den Kohlesektor analysiert. Das Carbon Budget ist der Bestand an Kohlenstoff, der weltweit nach Berechnungen von Carbon Tracker und dem Weltklimarat IPCC noch ausgestoßen werden darf, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Zielsetzung von Carbon Tracker ist es die Ergebnisse ihrer Analysen auf den Finanzmarkt anzuwenden, um mögliche Risiken für diesen Sektor aufzudecken.

Die Bewertung des Erdgassektors ist in diesem Zusammenhang schwierig. Gilt Erdgas als vergleichsweise “sauberer” Brennstoff im Vergleich zu Kohle und Erdöl, müssen seine Auswirkungen auf das Klima dennoch differenziert betrachtet werden. So ist Erdgas zwar weniger CO₂-intensiv als Kohle, beinhaltet aber auch das Risiko das Methan ausgestoßen wird, dass um ein Vielfaches klimaschädlicher ist als CO₂. Als Faustregel gilt, dass Erdgas nur dann klimafreundlicher als Kohle ist, wenn der Methanausstoß auf unter 3% begrenzt wird. Die Konstruktion und Planung neuer Erdgas-Großanlagen, besonders in Nordamerika, muss deshalb kritisch betrachtet werden.

In der Studie wird jedoch durchaus Raum für weiteres Wachstum des Erdgas Sektors gesehen- wenn auch sehr limitiertes. 97% der Erdgas-Nachfrage bis 2025 könne mit bereits existierenden Anlagen gedeckt werden. Aktuelle Trends deuten jedoch darauf hin, dass das Wachstum des Sektors diese Zahlen weit übersteigen wird. Mit 283 Milliarden Euro wird das übermäßige Investment in diesen Sektor beziffert. Unternehmen wie zum Beispiel Shell planen weiterhin Großprojekte in Australien, Kanada und den USA, die in naher Zukunft unprofitabel wirtschaften würden. Neue Projekte können nur durch hohe Preise für Erdgas gerechtfertigt werden, was durch die Konkurrenz durch erneuerbare Energien jedoch vom Markt verdrängt werden könnte.

Das Ergebnis der Studie ist also, dass bei Investitionen in Erdgasprojekte die finanzielle, sowie die ökologische Dimension betrachtet werden muss. Obwohl Erdgas in der Transition zu einer nachhaltigen Energieproduktion eine Rolle zu spielen hat, ist es nur unter bestimmten bestimmten Bedingungen profitabel und klimafreundlich.

Zur Studie geht es hier:

Photo by christian.senger