Gemeinsame Sicherheit oder Zersplitterung?

Zum heute beginnenden Treffen der EU-Verteidigungsminister im ungarischen Gödöllö erklärt Reinhard Bütikofer, sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen/EFA:

“Beim heutigen Treffen müssen die EU-Verteidigungsminister klären, in welche Richtung sie bei der Koordinierung und Zusammenlegung militärischer Fähigkeiten marschieren wollen. Das wohlklingende Bekenntnis zur Gemeinsamkeit muss konkretisiert werden.

Auch wenn im Vorfeld für die Öffentlichkeit wie üblich Widersprüche übertüncht werden, geht es dabei um eine Richtungsentscheidung. Entweder man folgt dem Ansatz einer deutsch-schwedischen Initiative vom November 2010. Oder man bleibt bei rein bilateralen Projekten. Dafür steht vor allem das französisch-britische Militärabkommen vom 2. November 2010.
Konkret: In welchen Bereichen werden die EU-Mitgliedstaaten in sehr naher Zukunft verbindlich militärische Fähigkeiten zusammenlegen, diese teilen oder gar ganz mit dem eigenen Potential für die europäischen Partner bereit stehen? Der im Dezember 2010 angenommene Aktionsplan für mehr Synergien ist ein neuer Ansatz, auf deutsch-schwedische Initiative hin. Er ist wichtig, weil sich sonst der europäische Verteidigungssektor weiter in bilaterale Projekte verfranst, statt durch Zusammenarbeit (“pooling and sharing”) Militärkosten zu reduzieren und zugleich europäische Gemeinsamkeit zu stärken. Immerhin bekennen sich die Minister bereits seit 1999 zur Schaffung gemeinsamer Fähigkeiten, ohne dass es bislang große Fortschritte gegeben hätte.

Die Minister sollten sich auch damit befassen, wie das französisch-britische Militärabkommen vom 2. November 2010 und die Mehrheit der darin vereinbarten Projekte – ausgenommen die Nuklearwaffen, die U-Boote und die Flugzeugträger – wieder in einen europäischen und multinationalen Prozess eingegliedert werden können. Denn wenn die beiden stärksten Militärmächte in Europa in Schlüsselbereichen wie dem Lufttransport und der A400m-Flotte exklusiv bilateral kooperieren, steht das ganz praktisch der vorgegebenen Zielvorstellung von gemeinsamen EU-Stabilisierungs- und Eingreifkapazitäten im Weg.

In Gödöllö muss es zudem darum gehen, dem Vertrag von Lissabon gerecht zu werden und einen Plan aufzustellen, wie mögliche zukünftige Pooling- oder Sharing-Projekte in die im Vertrag vorgesehene Permanente Strukturierte Zusammenarbeit überführt werden können. Mittel- und langfristig wird nur ein verbindliches Regelwerk die in diesem Bereich außerordentlich wichtige Verlässlichkeit garantieren können.”


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