Fossile Energieträger als Finanzrisiko – Hintergrund
Unser Finanzsystem hat immer wieder eine ganze Reihe von Spekulationsblasen erlebt. Wir erinnern uns an die Immobilienblase, die Rohstoffblase und die Dotcom-Blase. Jetzt taucht am Horizont eine mögliche neue Blase auf – die sogenannte “Carbon Bubble” oder CO2-Blase.
Öffentliche und private Finanzinstitute investieren Millionen- und Milliardenbeträge in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen ohne die klimapolitische Dimension zu berücksichtigen. Damit fördern sie eine CO2-Blase: Sie treiben Aktienkurse in die Höhe in der Annahme, dass es in Zukunft immer einen Markt geben wird für fossile Energieträger. Das ist aber falsch. Wenn wir die Erderwärmung begrenzen, muss der Großteil der fossilen Energiereserven in den Boden bleiben und wäre somit finanziell wertlos. McKinsey und der Carbon Trust haben ausgerechnet, dass diese verlorenen Vermögenswerte mehr als 30-40% des Unternehmenswertes gefährden könnten.
2011 kam das Thema erstmals zum Vorschein. Die Carbon Tracker Initiative (CTI) veröffentliche eine Studie, die aufzeigte, dass ein großer Teil der fossilen Reserven nicht verbrannt werden kann, wenn das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden soll. Die Gefahr einer Carbon Bubble wurde hier erstmals ausführlich beschrieben.
Seitdem haben sich eine Reihe von Finanzinstituten, Analysten und NGOs diesem Thema gewidmet. Bloomberg veröffentlichte einen Bericht zur Carbon Bubble und der norwegische Pensionsfonds Storebrand verpflichtete sich all seine Investitionen in fossilen Energieunternehmen abzuziehen mit der Begründung dass diese in Zukunft an Wert verlieren würden.
In den Vereinigten Staaten hat vor allem die NGO 350.org das Thema aufgegriffen mit einer Kampagne zu “divestment” – also ein Zurückziehen von Vermögen aus CO2-intensiven Anlagen. Diese Kampagne kann schon einige Erfolge verbuchen. Mehrere Städte, Universitäten, Kirchengemeinden und Verbände haben sich schon für das “divestment” ausgesprochen.
Auch ich habe mich in der letzten Legislaturperiode der Carbon Bubble gewidmet und möchte dies auch weiter tun.
Die Studie – The Price of Doing too Little too Late / Kosten und Risiken CO2 intensiver Investitionen
2013 gab ich zusammen mit meinem niederländischen Kollegen im Europäischen Parlament, Bas Eickhout, beim Sustainable Finance Lab der Universität von Utrecht eine Studie im Auftrag um die möglichen Auswirkungen einer Carbon Bubble auf das EU-Finanzsystem abzuschätzen. Die Studie untersuchte die klimaschädlichen Investitionen der Top-20 europäischen Banken, Top-23 europäischen Pensionsfonds sowie die des Versicherungssektors. Diese Investitionen wurden dann gegen eine Reihe von energie- und klimapolitischen Szenarien getestet.
Unsere Studie zeigt, dass Europas Finanzindustrie über €1 Billion in klimaschädlichen Anlagen investiert hat. Diese könnten sich schnell als Narrengold entpuppen. Vor allem Großbritannien und die Niederlande sind wegen entsprechender Investitionen dortiger Pensionsfond gefährdet. Ein Vergleich klimapolitischer Szenarien zeigt auch, dass eine ambitionierte Energie- und Klimapolitik insgesamt die geringsten Kosten verursachen würde gegenüber einem business-as-usual Szenario.
DE – Die Studie hier herunterladen (PDF)
EN – Download the Study in English here (PDF). – or view on ISSUU
Eine kurze Einführung in die Studie
Broschüre – Fossile Energieträger als Finanzrisiko: Die “CO2 Blase”
Um die Ergebnisse unserer Studie zugänglicher aufzubereiten haben wir zudem eine kleine Broschüre zum Thema publiziert. Ich würde mich freuen, wenn diese Broschüre dazu beitragen würde, die europäische Debatte zu diesem Thema zu fördern! Die Broschüre gibt es hier zum Download (PDF). Or English Version here (PDF).
Konferenz “Deflating the Financial Carbon Bubble”
Am 5. März 2014 präsentierten wir offiziell unsere Studie im Europaparlament. Mit dabei waren unter anderem Bill McKibben, Gründer von 350.org, Francis Weyzig vom Sustainable Finance Lab, Jason Anderson vom WWF, Hugues Saillard von der Société Générale Group uvm. Weitere Informationen finden sich hier.