Etwa 145 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner haben sich an der Präsidentschaftswahl am 3. November beteiligt. 74 Millionen, so die bisherigen Zahlen, haben den Demokraten Biden gewählt; 70 Millionen wählten Donald Trump. Mit 67 Prozent Wahlbeteiligung war diese so hoch wie seit 100 Jahren nicht mehr. Mehr Stimmen als diese beiden Männer hat noch nie ein Präsidentschaftskandidat in den USA errungen.
An diesem Samstag, an dem in sechs U.S.-Bundesstaaten immer noch ausgezählt wird und noch keine U.S.-Fernsehstation sich getraut hat, einen Wahlsieger auszurufen, steht trotzdem schon fest, dass Joe Biden gewinnen wird. Der liegt stimmenmäßig in vier der sechs Staaten, nämlich Pennsylvania, Georgia, Arizona und Nevada, vorne, und die Dynamik ist günstig für ihn. Die Wahlmännerstimmen aus North Carolina und Alaska werden zwar das Lager Trumps verstärken, aber das reicht nicht. Trump bräuchte zusätzlich Siege in Pennsylvania und zwei weiteren Staaten, während Biden Mehrheiten in Pennsylvania oder zwei der drei verbleibenden umkämpften Staaten benötigt, um auf die mindestens 270 Stimmen im Electoral College zu kommen, die ihn zum Präsidenten machen können. Der Optimismus im Biden-Lager fußt vor allem darauf, dass dort, wo jetzt immer noch gezählt wird, vor allem Briefwahlstimmen zu registrieren sind, und zwar schwerpunktmäßig aus zu den Demokraten neigenden Wahlkreisen. Bei diesen Briefwahlstimmen hat Biden fast durchweg ein großes Übergewicht von bis zu 4:1. Deshalb gelang es ihm in Nevada, einen zunächst sehr kleinen Vorsprung auszubauen, in Georgia einen Rückstand von über 300.000 Stimmen in einen engen Vorsprung zu verwandeln und in Pennsylvania sogar mehr als 800.000 Stimmen aufzuholen, sodass er jetzt deutlich genug vorne liegt. In Arizona scheint Trump etwas aufzuholen, aber wahrscheinlich nicht genug, um Bidens Vorsprung noch in sein Gegenteil zu verkehren. Am Ende wird, so glaube ich, Joe Biden insgesamt 306 Stimmen im Electoral College auf sein Konto bringen, klar mehr als genug und übrigens genauso viele, wie Donald Trump vor vier Jahren gegen Hillary Clinton erzielte. Nancy Pelosi, die starke alte Anführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, greift zwar vor, wenn sie Biden jetzt schon „President-Elect“ nennt, aber nur ein bisschen.
Zwischen dem Titel „President-Elect“ und dem Titel „President of the United States, POTUS“ liegen allerdings noch die Tage des Übergangszeitraumes: 79 Tage vom Wahltag bis zur Amtseinführung des Präsidenten am 20. Januar. Kann in dieser Zeit der friedliche Transfer der Macht, wie er in einer Demokratie üblich ist, noch entgleisen? Schließlich hat Donald Trump mehrfach öffentlich erklärt, er werde nur ein Wahlergebnis anerkennen, das ihn als Sieger ausweise. Trump hat seit dem Wahltag ohne irgendwelche Skrupel Verschwörungstheorien verbreitet, wonach ein Wahlsieg von Joe Biden ausschließlich auf Betrug und Wahlfälschung zurückgeführt werden könne. Der missratenste von Trumps Söhnen trieb das sogar auf die Spitze, indem er auf Twitter dafür warb, jetzt einen „totalen Krieg“ auszurufen, um seinem Papa doch noch das Weiße Haus zu erhalten. Jeweils Hunderte von fanatisierten Trump-Anhängern haben sich in den letzten Tagen an verschiedenen Orten versammelt, zum Teil bewaffnet, um einen lautstarken Resonanzboden für diese Propaganda abzugeben. Zudem verkündet Trumps Wahlkampfteam, man werde mit einer äußerst energischen Klagekampagne vor allen erreichbaren Gerichten um die Disqualifizierung der Stimmen kämpfen, die Biden zur Mehrheit verhalfen. Vor allem Briefwahlstimmen sollen nicht berücksichtigt werden, so wie es Trump seit Monaten mit beispielloser Polemik vorbereitet hatte.
Trotz all dieser scharfen Töne und entgegen den grüblerischen Befürchtungen von Wahlbeobachtern, die sich ausgemalt haben, mit welchen Tricks Trump versuchen könnte trotz Wahlniederlage im Amt zu bleiben, glaube ich nicht, dass der Biden-Zug zur Präsidentschaft noch aufgehalten werden kann. Zwei Gründe vor allem sind es, die mich da optimistisch stimmen. Zum einen braucht eine Klage auch vor republikanischen Richtern schon eine Untermauerung durch Tatsachen, um Erfolg zu haben. Und solche Tatsachen für seine wilden Behauptungen kann Trump nicht vorweisen. Zum anderen ist die Loyalität vieler republikanischer Verantwortungsträger auf Ebene der Bundesstaaten gegenüber der U.S.-Verfassung und einem integren Wahlprozess größer als ihre Loyalität gegenüber Trump. Mehrere republikanische Gouverneure haben Trump widersprochen, mehrere republikanische Leiter von Wahlbehörden, sogar einzelne republikanische Abgeordnete und Senatoren. Und: Fox News hat sich überwiegend nicht auf die Seite absoluter Trump-Hysterie geschlagen. Fox News hat geradezu weißglühende Wut ausgelöst im Team von Trump, als der Sender prognostizierte, das eigentlich sehr konservative Arizona werde an Biden fallen, und damit faktisch die Plausibilität für die geplante Ausrufung eines Wahldurchmarsches von Seiten Trumps massiv beschädigte. Ohne die Resonanzverstärkung durch Fox News und konservative Medien wie die New York Post sowie durch lokale und regionale republikanische Amtsträger wird Trumps Propaganda vom gestohlenen Wahlsieg angesichts der Zahlen zunehmend hohl klingen. Ich bin überzeugt, dass die bei manchen anti-trumpistischen Zeitgenossen zum Teil fast lustvoll verbreiteten Spekulationen über einen möglichen Staatsstreich von Trump sich nicht erfüllen werden.
Interessant ist das weithin dröhnende Schweigen der meisten führenden Republikaner; führende Republikanerinnen müssen mangels Masse kaum extra erwähnt werden. Für Trumps Strategie der verbrannten Erde haben sich bis zu diesem Zeitpunkt nur seine Söhne, sein Anwalt Giuliani, die Senatoren Lindsey Graham und Ted Cruz sowie die Möchtegern-Kandidatin für 2024, die ehemalige Gouverneurin und ehemalige UN-Botschafterin Nikky Haley, lautstark eingesetzt. Mitch McConnell, der besonders verachtenswürdige bisherige und vielleicht auch künftige Mehrheitsführer im Senat, hat ganz, ganz vorsichtig erkennen lassen, er sei nicht gegen die Auszählung der vorliegenden Stimmzettel, sich ansonsten öffentlich weitestgehend zurückgehalten und stattdessen schon angefangen, wie zu vernehmen war, eine Strategie zu entwickeln, wie er aus dem Senat heraus Joe Biden werde möglichst viele Prügel zwischen die Beine werfen können. Chris Christie, der ehemalige Gouverneur von New Jersey, der Trump noch auf die denkwürdige Schreidebatte mit Biden vorbereitet hatte, hat sich von dessen Infragestellung der Briefwahlstimmen distanziert, Senator Marco Rubio auch. Und dann noch Rick Santorum, der früher mal im Kongress eine Größe war, vor Jahren vergeblich versuchte, Präsident zu werden, und seither nur noch zitiert wird, wenn eine abweichende Stimme bei den Republikanern gesucht wird. Es überwiegt insgesamt bei weitem das Schweigen im Walde. Das ist für den künftigen Präsidenten Biden und für die amerikanische Demokratie eine sehr schlechte Botschaft.
Der Hauptgrund dafür, dass sich so viele führende Republikaner, die ohne jeden Zweifel wissen, wie brutal das Vorgehen ihres Präsidenten Trump gegen amerikanische Werte und gegen die amerikanische Verfassung verstößt, trotzdem nicht von diesem distanzieren, liegt in der schon erwähnten Zahl von 70 Millionen Wählerstimmen für Trump. Kein anderer republikanischer Präsidentschaftskandidat kam je auch nur in die Nähe einer solchen Zahl. Trump hat sich als außerordentlich mobilisierungsstark erwiesen. Er hat es sogar geschafft, seinen Stimmenanteil unter schwarzen Wählern sowie unter Latino-Wählern zu erhöhen. Er hat große Teile der aktiven Parteibasis als Fußtruppen einer autoritären Bewegung zusammengeschmiedet und kann, wenn er will, diese gegen jeden, der im Republikanerlager noch etwas werden will, ins Feld führen.Trump hat erkennen lassen, dass er nicht die Absicht habe, sich aus dem politischen Geschäft zurückzuziehen. Und Trump hat insbesondere auch eine massive Drohung zur Hand, die viele einschüchtert: Er könnte 2024 noch einmal kandidieren. Eine Erneuerung der Republikanischen Partei, wie sie Anti-Trump-Stimmen konventioneller Angehöriger der G.O.P., die sich auf das Erbe Abraham Lincolns berufen, erhofften – beispielhaft Leute vom Lincoln Project –, wird es unter diesen Umständen nicht geben. Man sollte eigentlich nicht sagen, Trump sei Republikaner. Die Republikaner sind so gründlich zur Trump-Partei geworden, dass eine Revision dieser Verwandlung heute nicht vorstellbar erscheint. Der Trumpismus lebt weiter. It is here to stay. Viele Vertreter konservativer Interessen, die Trumps politischen Stil mit hoher Wahrscheinlichkeit als degoutant empfinden, werden auch in Zukunft, wie bisher schon, sich die Nase zuhalten und den politischen Einfluss Trumps nutzen, um ungerechte Steuerpolitik, anti-ökologische Deregulierungswut, bigotten Widerstand gegen liberale Gesellschaftsvorstellungen und das Beharren auf Traditionen des strukturellen und ganz praktischen Rassismus voranzutreiben. Wenn das alles weitgehend ohne terroristische Auswüchse abgeht, ist das schon ein Erfolg. Die „Versöhnung“, von der Biden in seinem Wahlkampf unablässig geredet hat, erscheint dagegen als hoffnungsloser Traum.
So wie das Wahlergebnis sich derzeit darstellt, werden die Republikaner wohl ihre Mehrheit im Senat behalten. Und Mehrheitsführer wird derselbe Mitch McConnell bleiben, der schon gegenüber Barack Obama vom ersten Tag an auf Totalopposition gegangen war. Eine kleine Chance gibt es, ausgerechnet in Georgia, weil es für zwei Sitze im Senat aus dem Peach State Anfang Januar noch Stichwahlen geben wird, da kein Bewerber über 50 Prozent kam. Die Demokraten, die in beiden Rennen bisher hinten liegen, müssten beide gewinnen, um im Senat auf ein Verhältnis von 50:50 zu kommen, bei dem dann Vizepräsidentin Harris den Ausschlag geben könnte. Dass Stacey Abrams, die unermüdliche und unendlich energiegeladene schwarze Demokratin aus Georgia, die vor zwei Jahren in einer Gouverneurswahl knapp unterlag und danach 800.000 Wähler neu für die Demokratische Partei registrierte und ohne die der Sieg Bidens in Georgia nicht möglich gewesen wäre, die Herkulesaufgabe, die da vor ihr liegt, auch noch meistern wird, muss man hoffen. Darauf rechnen kann man nicht. Und ohne das wird angesichts der skizzierten Lage der Republikanischen Partei der gesetzgeberische Spielraum eines Präsidenten Biden sehr eng sein.
Bidens Sieg ist ein unendlich wertvoller und gleichzeitig ein schwacher. Was kann er bewirken? Ohne Gesetzgebungsmehrheit haben weder seine Steuerreformpläne eine Chance noch Pläne zur Wahlrechtsreform oder ökologische Reformpläne oder strukturelle Maßnahmen gegen den alltäglichen Rassismus. Trotzdem ist er nicht ganz hilflos, nicht auf jeden Fall von Anfang an Lame Duck. Ich sehe drei Handlungsebenen, die ihm zur Verfügung stehen. Biden kann dort, wo Trump progressiven Politiken auf der Ebene von Bundesstaaten oder auf kommunaler Ebene im Weg stand, Stichwort Sanctuary Cities – das meint Städte, die illegalen Einwanderern einen gewissen Schutz bieten –, den Fuß von der Bremse nehmen und sie sogar ermutigen. Er kann Bundesbehörden anweisen, nicht dagegen vorzugehen, wenn z. B. Kalifornien in eigener Rechtszuständigkeit weitere Umweltregulierungen beschließt, als diese auf Bundesebene gelten. Zweitens kann Biden seine Exekutivzuständigkeit nutzen, um Behörden dazu zu bringen, dass sie wichtige Gesetze, die ganz abzuschaffen Trump nicht immer gelang, wieder ernsthaft durchzusetzen. Das gilt nicht zuletzt für den Bereich der Environmental Protection Agency (EPA), die Trump in eine Emissionsbegünstigungsbehörde hatte umwidmen lassen. Das gilt auch etwa für das Vorgehen der Justizbehörden gegen Korruption und Machtanmaßung statt gegen die Kritik daran. Drittens kann Biden die große Bühne, die das Präsidentenamt bietet, nutzen, um progressiveren Diskursen Raum zu schaffen. In den USA wird das Präsidentenamt wegen genau dieser Funktion gerne als „bully pulpit“ bezeichnet. Anders ausgedrückt: was da von der politischen Kanzel gepredigt wird, macht einen erheblichen Unterschied; das wissen wir ja sehr gut von Angela Merkel. Trotzdem bleibt Biden, so wie es aussieht, die Chance zu großen Reformdurchbrüchen verwehrt. Selbst wenn es noch Anfang Januar zu der knappsten aller denkbaren Senatsmehrheiten für die Demokraten kommen würde, 50:50 plus Vizepräsidentin Harris, wären damit nicht unbedingt große Sprünge möglich. Senator Manchin aus West Virginia etwa ist in vielerlei Hinsicht konservativer als manche Republikaner, und es ist nicht üblich in den USA, dass Senatoren, die in ihren eigenen Bundesstaaten oft den Status von Halbgöttern haben, dem politischen Programm eines Präsidenten ihre eigenen Karriereambitionen opfern. Ich würde aber noch einen Schritt weitergehen und bezweifeln, dass die notwendige Erneuerung des amerikanischen politischen Systems und der Verfassung der amerikanischen Gesellschaft überhaupt aus Washington bewirkt werden kann. Ich glaube das geht nicht Top-Down, sondern nur Bottom-Up. Nur von unten, durch kreativen, progressiven Pragmatismus, lassen sich meiner Meinung nach Wege finden, die tiefe gesellschaftliche und politische Spaltung des Landes zu überwinden. Ich glaube nicht, dass es dafür ein fertiges Erfolgsrezept gibt. Ich glaube aber, dass es eine historische Leistung von Joe Biden wäre, wenn er dafür möglichst große Spielräume freisperren könnte. Welche Ansätze sich dazu entwickeln, ob Alexandria Ocasio-Cortez, die New Yorker Abgeordnete, dafür eine besondere Rolle spielen wird, oder Elizabeth Warren, die kluge Senatorin aus Massachusetts, oder die schon erwähnte Stacey Abrams oder andere, die wir heute noch nicht kennen, das wird darüber entscheiden, welche Art von Übergangspräsident Biden sein wird. Ein Übergangspräsident von einer zerrissenen, fast funktionsuntüchtigen, plutokratisch verzerrten Demokratie zu einem erneuerten Gemeinwesen. Oder ein Übergangspräsident von Trump 1.0 zu Trump 2.0. Ich habe übrigens im Wahlkampf nicht den Eindruck gewonnen, dass Kamala Harris, die kommende Vizepräsidentin, besonders viele Hoffnungen genährt hätte, dass sie dabei auch eine vorwärtstreibende Rolle spielen wird.
Und was bringt Biden für uns Europäerinnen und Europäer? Was bringt er für den Rest der Welt? In seiner Grundhaltung gegenüber den Anforderungen internationaler Zusammenarbeit und den Regeln globaler Governance ist Biden der klare Anti-Trump. Biden schätzt Allianzen und Partnerschaften, er kann zuhören, schätzt Vermittlung und Kompromiss, sieht nicht nur amerikanische Ansprüche, sondern auch amerikanische Verpflichtungen. Seine außenpolitische Handlungsfähigkeit wird allerdings durch die innenpolitischen Prioritäten eindeutig begrenzt und eingeschränkt werden. Und wenn er dann schon Außenpolitik macht, dann wird auch bei Biden der indopazifische Raum wesentlich mehr im Zentrum stehen als der atlantische. Biden ist ein Freund Europas und der europäischen Einigung, auch Deutschlands. Aber wir können uns nicht der Illusion hingeben, dass es mit Biden eine Rückkehr geben könnte zum Status quo ante Trump. Auch Biden wird von Europa erwarten, dass wir mehr eigene Beiträge zu unserer europäischen Sicherheit liefern. Biden wird nicht jeden Handelskonflikt eskalieren, aber sicher auch nicht in diesem Bereich einseitig abrüsten. Viel zu beliebt ist Trumps Protektionismus bei großen Teilen der demokratischen Wählerschaft, einschließlich der Gewerkschaften. Ich erinnere mich gut, mit welch glänzenden Augen mir vor einem Jahr der Präsident des Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO von Trumps Handelsprotektionismus vorschwärmte.
Wir können auch in der Politik gegenüber dem Iran oder zum israelisch-palästinänsischen Verhältnis von Biden keine großen Schritte erwarten. Dafür hätte er im Zweifel noch nicht einmal in der eigenen Partei genug Rückhalt. Trotzdem sehe ich eine ganze Palette von Themen, bei denen im transatlantischen Verhältnis neue fruchtbare Kooperation möglich sein sollte, allerdings nur unter der Bedingung, dass wir Europäer nicht darauf warten, bis Biden uns entgegenkommt, sondern selbst die strategische Handlungsfähigkeit, über die so oft schwadroniert wird, entwickeln, um eigene Anstöße zu geben. Sieben Bereiche scheinen mir besonders attraktiv und aussichtsreich. Erstens: Erneuerung der klimapolitischen Zusammenarbeit. Zweitens: gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie und Bemühungen um effizientere Zusammenarbeit im Rahmen einer erneuerten WHO. Drittens: verstärkte sicherheitspolitische Zusammenarbeit auf der Basis einer klaren Absage an Trumps Versuchungen, die NATO entscheidend zu schwächen. Viertens: Zusammenarbeit gegenüber China auf der Basis des transatlantischen Dialoges, den Josep Borrell den USA im Sommer vorgeschlagen hatte. Fünftes: Zusammenarbeit bei ausgesuchten handelspolitischen Fragen wie etwa zur Überwindung des über 25 Jahre dauernden Boeing-Airbus-Streites und zur Erneuerung der Handelsschiedsgerichtsbarkeit im Rahmen der WTO. Sechstens: Zusammenarbeit in Fragen der Technologiepolitik, nicht nur gegenüber China, sondern auch gegenüber den monopolistischen und autokratischen Tendenzen, die wir bei uns selbst beobachten. Und siebtens: verstärkte Zusammenarbeit bei Menschenrechtsfragen, die auch dadurch neue Glaubwürdigkeit gewinnt, dass Menschenrechte nicht nur Dritten gepredigt, sondern auch zu Hause als gültiger Maßstab angelegt werden.
Dass Biden scheitert, ist nicht ausgeschlossen. Die Hürden, die vor ihm liegen, sind enorm. Aber wenn wir uns vergewissern, was es bedeutet hätte, hätten wir uns auf vier weitere Jahre eines Präsidenten Trump einrichten müssen, dann können wir uns nur vornehmen, mit großer eigener Energie das, was wir beitragen können, voranzutreiben, damit eine progressive Erneuerung des ganzen Westens eine Chance hat.
Sonst noch
- Nur wenige Stunden nach den U.S.-Wahlen diskutierte ich über diese in der Online-Veranstaltung „After the U.S. elections: The transatlantic way to go“ mit Laura von Daniels (SWP), Bruce Stokes (GMFUS) und Jeff Rathke (Johns Hopkins University, Washington, D.C.). Hier könnt Ihr Euch die Aufzeichnung anschauen.
- Zu den U.S.-Wahlen gibt es drei Pressemitteilungen von mir, eine im Vorfeld: Europas strategische Handlungsfähigkeit stärken; zwei im Nachgang: Beispielloser Angriff auf die amerikanische Demokratie, Georgia.
- Am 27.10. habe ich bei der Online-Diskussion „Engaging with China while preserving Europe’s values and interests” gesprochen. Sie fand im Rahmen der Videokonferenz „Trade, Investments, Technology, Climate Change, Human Rights: How should the EU Deal with China?“ des Institut français des relations internationales und des Multilateralen Dialogs der Konrad Adenauer Stiftung statt. Hier findet Ihr die Aufzeichnung.
- Am 28.10. diskutierte ich mit Annemie Turtelboom (EuRH), Maria Martin Prat (GD Handel), Inge Bernaerts (GD Wettbewerb) und Mikko Huotari (MERICS) über den Bericht „The EU’s response to China’s state-driven investment strategy“ des Europäischen Rechnungshofs. Die Aufzeichnung der Online-Diskussion gibt es hier.
- Weil die Corona-Pandemie auch die politische Arbeit sehr beschränkt, habe ich am 4. und 5.11. einige Betriebsbesuche bei Thüringer Unternehmen elektronisch durchgeführt: Dank an die Galek & Kowald GmbH (Mühlhausen), die con-pearl GmbH (Geismar), die strickchic GmbH (Apolda) und eine Hightech-Firma in Erfurt.
- In einem Brief fordere ich gemeinsam mit Kolleg*innen des Europäischen Parlaments Präsident Sassoli auf, zu erklären, weshalb das Europäische Parlament Wärmebildkameras von der chinesischen Firma Hikvision bezogen hat, obwohl diese an Chinas Unterdrückung von Menschenrechten in Xinjiang beteiligt ist.
- In der nächsten Woche findet das Miniplenum statt, hier die regelmäßig aktualisierte Tagesordnung.
- Ab dem 01. Januar 2021 suche ich für mein Team in Brüssel eine*n parlamentarische*n Assistent*in mit dem Schwerpunkt europäische Chinapolitik. Hier die Stellenausschreibung. Ich freue mich auf Eure Bewerbungen bis zum 23.11.