WTO/USA: Multilaterale Flinte nicht ins Korn werfen | PRESSEMITTEILUNG

Am 10. Dezember läuft die Frist für die Ernennung weiterer Richter am WTO-Berufungsgremium ab. Dazu meint Reinhard Bütikofer (Grüne/EFA), Mitglied des Handelsausschusses im Europaparlament:

“Die erprobte Praxis, internationale Handelsstreitigkeiten über multilaterale Schiedsgerichte zu schlichten, steht vor dem Aus. Noch diese Woche wird die entsprechende Berufungsinstanz bei der Welthandelsorganisation WTO ihre Tätigkeit einstellen müssen, weil sie nicht mehr über die erforderlichen Richter verfügt. Ausgelöst wurde diese schwere Krise durch die Regierung der USA. Dabei hatten die USA von allen WTO-Mitgliedsländern in der Vergangenheit unter deren Schiedsgerichtsbarkeit die meisten Erfolge erzielt. Ein Teil der Trump-Administration will aber das Prinzip internationaler Schiedsgerichtsbarkeit als solches beseitigen, während andere dort den entsprechenden Druck nutzen wollen, um eine Reform der WTO-Berufungsinstanz durchzusetzen.

Die EU befindet sich in einem Dilemma. Zu Recht hat sie sich konsequent für den Handelsmultilateralismus eingesetzt. Ohne das Mitspielen der USA ist dieser allerdings blockiert. Wenn die EU nun auf bilaterale Ersatzlösungen umsteigt, dann wirkt sie de facto daran mit, die WTO-Schiedsgerichtsbarkeit zu Grabe zu tragen, denn solche Ersatzlösungen sind auch deswegen langlebig, weil sie den Druck mindern, die WTO endlich wirksam zu reformieren.

Das EU-Parlament hat sich erst vor Kurzem klar dafür ausgesprochen, an Verhandlungen auch mit den USA über die notwendige Reform der WTO-Schiedsgerichtsbarkeit festzuhalten. Es wäre ein strategischer Fehler, vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl Ende 2020 die multilaterale Flinte ins Korn zu werfen. Auch wenn die EU heute zu Recht die Haltung der US-Regierung kritisiert, ist es doch in Europas Interesse, den Kampf um eine Lösung in Übereinstimmung mit den USA jetzt nicht aufzugeben. Für zweit- und drittbeste Lösungen ist noch lange Zeit.”