Halbe Sachen

Zur erneuten Verschiebung der ursprünglich für heute geplanten Vorstellung der europäischen Rohstoffstrategie durch die Europäische Kommission erklärt Reinhard Bütikofer, stellvertretender Vorsitzender der Grünen/EFA und Berichterstatter für eine effektive Rohstoffstrategie für Europa:

“Es ist bedauerlich, dass die für heute angekündigte Veröffentlichung des Strategiepapiers zur Rohstoffsicherheit abermals verschoben wurde. Dabei lässt sich anhand eines internen Kommissionsentwurfs erkennen, dass die ursprüngliche Priorität der Sicherung knapper Ressourcen, insbesondere der wichtigen seltenen Erden, anderen gewichen ist. Bisher macht die Kommission leider nur halbe Sachen.

Zwar ist positiv zu erwähnen, dass der ursprünglich von Industriekommissar Tajani vorgeschlagene Konfrontationskurs gegenüber rohstoffreichen Ländern gedämpft wurde. Deutlich wird die neue, kooperativere Linie durch den Verzicht auf den ursprünglichen Vorschlag, das System der Handelspräferenzen zu suspendieren, um gegen Länder mit Exportbeschränkungen Druck aufzubauen.

Auch auf Recycling wird in dem bekannt gewordenen Zweitentwurf stärker gesetzt: Die Kommission will eine Studie in Auftrag geben, die ein globales Zertifizierungssystem für Recyclinganlagen eruieren soll.

Darüber hinaus will sie Pilotprojekte ins Leben rufen, die ökonomische Anreize und neue Marktmechanismen schaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Recyclingindustrie zu stärken und wirtschaftlicher zu machen. All das wären wichtige Neuerungen.

Die erneute Verzögerung bei der Veröffentlichung des Strategieentwurfs geht aber einher mit einer Verunsicherung der Prioritäten. Hauptsächlich auf Drängen Frankreichs, setzt die Kommission nicht mehr hauptsächlich auf knappe Rohstoffe, sondern erweitert ihren Fokus um Agrar- und Energierohstoffe sowie um den Bereich der Finanzspekulationen mit Agrarrohstoffen. Dieser Rundumschlag ist alles andere als förderlich. Damit haben Kommissar Tajani und Kommissionspräsident Barroso in ihrem vermeintlichen Gemeinschaftswerk einer wirksamen europäischen Rohstoffstrategie keinen großen Gefallen getan.”


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