Der Digitalisierungsprozess der Wirtschaft schreitet voran. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass sich große Player sowie kleine und mittlere Unternehmen oft nur noch am Markt behaupten können, wenn sie sich auf den dynamischen Digitalisierungsprozess einlassen und ihn als Chance begreifen. Damit stellt sich nicht nur die Frage nach einer darauf ausgerichteten industriepolitischen Offensive auf europäischer Ebene. Die Unternehmerinnen und Unternehmer des sächsischen Mittelstandes fragen sich auch, welche Rolle sie dabei einnehmen und welche entsprechenden Rahmenbedingungen die Politik dabei schaffen kann.
In der dritten Auflage des Europäischen Gespräches der GRÜNEN Landtagsfraktion und Reinhard Bütikofers ist der Europaparlamentarier gemeinsam mit Viola Klein, der Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Saxonia SystemsHolding GmbH und dem wirtschaftspolitischen Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion Dr. Gerd Lippold einigen dieser Fragen auf den Grund gegangen.
Das Europäische Parlament hat in der wirtschaftspolitischen Debatte vorgelegt. Reinhard Bütikofer hat die Frage nach mehr oder weniger Europa in seinem Initiativbericht über die Digitalisierung der europäischen Industrie zumindest für den industriepolitischen Bereich mit einem differenzierten ‚Mehr‘ beantwortet.
Unser Gast Viola Klein musste sich in ihrer Rolle als Unternehmerin einigen der mit der Digitalisierung verbundenen Fragen stellen und ist in Folge der Krise der Chipindustrie 2009/2010, mit der große Teile ihres früheren Kundenkreises wegbrachen, neue Wege gegangen. Sie erläuterte, dass es für zahlreiche mittelständische Unternehmen zunächst wichtig ist, die Auswirkungen der Digitalisierung auf ihrem jeweiligen Markt und auf ihr eigenes Geschäft zu kennen, um entsprechende Folgen abschätzen zu können. Dabei besteht oftmals noch eine Zurückhaltung in den Unternehmen, Maßnahmen einzuleiten und Investitionen in ausreichendem Ausmaß zu tätigen. Auch auf Seiten der Politik sei in diesem Zusammenhang mehr Mut notwendig – etwa, wenn es um Arbeitsrecht geht, das nicht zu den Realitäten einer digitalisierten Wirtschaft passt und sich als hemmend erweisen könnte.
Es ist dabei nach Auffassung der Dresdner Unternehmerin keineswegs ein Naturgesetz, dass die kleinen und mittleren Unternehmen im Digitalisierungsprozess verlieren. Vielmehr verlieren die Langsamen in diesem Wettbewerb.
Die europäische Politik ist daher gefordert, über Investitionsprogramme, die Positivanreize für kleine und mittlere Unternehmen setzen, hinausgehende Rahmenbedingungen zu schaffen, die wettbewerblicher Natur und weniger marktintervenierenden Charakters sind. Europäische Industriepolitik kann nicht bedeuten, Unternehmensbildungen staatlich zu lenken. Vielmehr muss die Freiheit für Innovationsschübe geschaffen werden. Viola Klein ergänzt in diesem Punkt, dass die Kooperationen zwischen mittelständischen Unternehmen untereinander und mit der Wissenschaft und Forschung intensiviert werden müssen – auch hier sollen europäischer und Landesgesetzgeber aktiver werden.
Letztendlich ist für den gesamtheitlichen Erfolg der Digitalisierung der Wirtschaft auch eine gesellschaftliche Akzeptanz die Grundlage, merkt Gerd Lippold am Ende des Gesprächs an. Nur wenn die Menschen verstehen, welchen größeren Nutzen der digitale Wandel ihnen bringt, werden sie ihn auch mittragen.