Ab dem 20. Januar 2017 heißt der amerikanische Präsident Donald Trump. Seine Familie stammt aus meiner pfälzischen Heimat, aber darauf kann ich nun wirklich nicht stolz sein. Trumps Wahl, die ja nach dem amerikanischen System zustande kam, obwohl ihn etwa drei Millionen Menschen weniger wählten als seine Konkurrentin Hillary Clinton, diese Wahl ist ein Verhängnis. Aber der Präsident ist der Präsident, und die ganze Welt muss damit umgehen.
In Europa knallen anlässlich der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten wohl nur an wenigen Orten so richtig die Champagnerkorken. Einer dieser Orte ist sicherlich der Kreml. Mit Trump im Weißen Haus hat zum ersten Mal seit 70 Jahren Moskau bessere Beziehungen nach Washington als Berlin, Paris, Brüssel oder Rom.
Präsident Trump hat, indem er die NATO als obsolet bezeichnete, ohne auch nur einen Gedanken an alternative Sicherheitsstrukturen zu verschwenden, in allen europäischen Ländern, die früher zum Machtbereich der Sowjetunion gehörten, erhebliche Ängste ausgelöst. Gegenüber der EU hat Trump offene Feindschaft zum Ausdruck gebracht. Hinter den Kulissen haben seine Emissäre, so berichtete es der scheidende amerikanische Botschafter Gardner, sogar schon dafür geworben, dass nach dem Brexit auch weitere Länder die EU verlassen sollten. In der Frage der europäischen Flüchtlingspolitik hat der neue amerikanische Präsident sich mit scharfer Polemik gegen Bundeskanzlerin Merkel auf die Seite derer geschlagen, die rassistische Hetze an die Stelle humanitärer Verantwortung setzen möchten. In der Wirtschafts- und Handelspolitik hat Trump signalisiert, dass er mit äußerst harten Bandagen für die Interessen amerikanischer Konzerne streiten wird. Die klimapolitischen Zusagen, die Präsident Obama Ende 2015 beim Pariser Gipfel gemacht hatte, will Trump schlicht ignorieren und er hat in seiner Regierung mehr offene Vertreter der Interessen von Kohle, Gas und Öl versammelt, als je ein amerikanischer Präsident zuvor. Die Rhetorik von gemeinsamen Werten des Westens interessiert Trump nicht. Diese Werte selbst genauso wenig. Zugespitzt formuliert: Sitzt jetzt etwa der größte Feind des Westens, wie wir ihn kannten, ausgerechnet im Weißen Haus?
Doch Trumps Sieg hat das andere Amerika ja nicht einfach verschwinden lassen. Es ist geschlagen, erheblich desorientiert und schlecht organisiert. Es hat keine Politikerführungsfiguren, die überzeugen; die Clintons sind out, Barack Obama kann diese Rolle als Ex-Präsident nicht übernehmen, seine Frau Michelle, die es könnte, will es nicht, und Senator Sanders und andere eher progressive Senatoren werden erst noch herausfinden müssen, wie sie ihre Kritik an Trump in eine wirksame Gegenstrategie gegen Trump verwandeln können. Doch dieses andere Amerika ist noch da. Und es kann sich neu finden. Dazu sind die Protestdemonstrationen zu Trumps Amtseinführung der erste Schritt. Wir in Europa müssen ganz gezielt unsere transatlantischen Bemühungen darauf konzentrieren, mit diesen Kräften die Zusammenarbeit zu suchen.
Zentren der Gegenwehr gegen Trumps reaktionäre Politik gibt es derzeit auf der Ebene einiger amerikanischer Bundesstaaten. Dabei steht eindeutig Kalifornien ganz vorne. Auch einige große städtische Zentren stehen in vielerlei Hinsicht für progressive Politik. Die Zusammenarbeit, die mit Trumps Washington bestenfalls sehr konfliktreich sein wird, kann sich auf solche Partner in der zweiten Reihe orientieren. Etwas ironisch formuliert: Relativiert das Hauptquartier! Entdeckt das konstruktive Amerika neu, das es jenseits des Beltway gibt.
Als Präsident Obama vor acht Jahren ins Amt kam, war ich in Washington und erlebte die euphorische Stimmung dort. Die Hoffnungen, die damals von so vielen Menschen geteilt wurden, haben sich bei Weitem nicht alle erfüllt. Umgekehrt müssen sich jetzt nicht alle Befürchtungen realisieren, die mit Trumps Präsidentschaft verknüpft werden. Es kommt eben darauf an, was wir daraus machen.
PHOTO CC BY SA Gage Skidmore