Rohstoffpolitik: Ein Nischenthema rückt ins Rampenlicht

vdma-Nachrichten Mai 2012

Autor: Reinhard Bütikofer

Rohstoffpolitik: Ein Nischenthema rückt ins Rampenlicht

Die Rohstoffstrategie der EU-Kommission setzt vor allem auf Diplomatie und Bekämpfung von Handelsverzerrungen, um den Zugang zu Rohstoffen sicherzustellen. Das allein reicht aber nicht.

Als die EU-Kommission vor zwei Jahren ihre Wachstumsstrategie Europa 2020 veröffentlichte, war die Rohstoffpolitik nur ein Nischenthema. Das hat sich stark geändert. Extreme Preisschwankungen, zunehmender Wettbewerb um Rohstoffe und Exportbeschränkungen wichtiger Förderländer sind dafür verantwortlich. Musterbeispiel sind die Seltenen Erden. Unverzichtbar für die grüne industrielle Revolution, werden diese Rohstoffe derzeit zu 97 Prozent in China abgebaut. Nun hat Beijing über die letzten Jahre die Exporte enorm gedrosselt. Die Preise fuhren Achterbahn.

Rohstoffstrategie der EU-Kommission

Anfang 2012 entschied nach einer Klage der EU, der USA und Mexikos die Welthandelsorganisation (WTO), dass Chinas Exportbeschränkungen bei neun Rohstoffen mit Chinas Beitrittszusagen zur WTO unvereinbar seien. Inzwischen haben Japan, USA und EU ein zweites Streitverfahren gegen China begonnen, diesmal zu den Seltenen Erden. Was immer man davon hält, eine Strategie, die nur auf den Kampf gegen Exportrestriktionen setzte, wäre ungenügend. Angesichts der globalen Verschränkung der Wertschöpfungsketten werden sich alle Akteure auch um strategische Kooperation und resource governance Gedanken machen müssen.

Ressourceneffizienz priorisieren

Nicht nur der Zugang zu Rohstoffen, auch der effiziente Umgang mit ihnen ist entscheidend. Im Oktober 2011 betonte der VDMA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hannes Hesse, dass „die wirtschaftliche Notwendigkeit im verarbeitenden Gewerbe nach effizienterer Nutzung von knappen und teurer werdenden Ressourcen steigt.“ Zumal Europa – pro Kopf berechnet – der größte Rohstoffimporteur der Welt ist. Bei der Ressourceneffizienz sind EU-Kommission und EU-Parlament bisher viel engagierter als die Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung hat immerhin PROGRESS beschlossen. Doch handfeste Maßnahmen wie eine mögliche Erweiterung der Ökodesign-Richtlinie kommen nicht richtig voran. Wenn Europa im aktuellen Rohstoff-Technologie-Wettlauf nicht ins Hintertreffen geraten möchte, muss sich das ändern. Japan zeigt was geht: Das Land hat sich mit einem eine Milliarde Dollar schweren Förderprogramm vorgenommen, den Verbrauch von seltenen Erden in den kommenden Jahren um ein Drittel zu senken.

In den letzten Monaten stand bei uns die Etablierung einer deutschen Industrie-Allianz zur Rohstoffsicherung im Vordergrund, die zu begrüßen ist. Dazu ist Deutschland mit seiner Ingenieurskunst bestens platziert, Ressourceneffizienz voranzubringen um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Eine breite Allianz für Ressourceneffizienz, getragen von Industrie, Politik und Wissenschaft könnte dafür sorgen, diese Agenda voranzutreiben.

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