Reinhard Bütikofer, außenpolitischer Koordinator der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, erklärt zur Veröffentlichung der deutschen China-Strategie:
“Und sie bewegt sich doch. Nachdem die ursprünglich für Februar angekündigte erste deutsche China-Strategie monatelang verschollen schien, versunken in einem intransparenten Handgemenge zwischen dem Kanzleramt, dem Auswärtigen Amt und anderen Ministerien, erblickt sie jetzt doch das Licht der erwartungsvollen Öffentlichkeit. Die Strategie bestätigt, was die Spatzen seit langem von den Dächern pfiffen: Die Fortsetzung von Kanzlerin Merkels China-Politik mit anderen Mitteln ist angesichts der sich verändernden Realität für Deutschland keine Option, so sehr sich das auch manche Vorstände von großen DAX-Unternehmen und manche zögerlichen Politiker wünschen mögen.
Die deutsche China-Strategie formuliert eine realistische Verortung der deutschen Politik gegenüber Peking, benennt die notwendige europäische Einbindung und adressiert die Herausforderungen gemeinsamer globaler Verantwortung.
Die China-Strategie ist nicht das Ende des gebotenen Prozesses der Neuorientierung, sondern sein Anfang. Das de-risking, zu dem sie sich als Ziel bekennt, muss mit konkreter Politik ausgefüllt werden. Das wird nicht ohne Widersprüche abgehen. Versäumnisse dabei aber können wir uns nicht leisten, da ja, wie die nationale Sicherheitsstrategie schon festgestellt hat, der Wettbewerb und die systemische Rivalität mit China an Bedeutung gewinnen.
Ein erfolgreicher Umgang mit China in Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Partnern ist nicht nur das Geschäft der politischen Exekutive und einiger Konzernzentralen. Erforderlich ist die Einbeziehung der ganzen Gesellschaft und eine offene Debatte darüber, wie und wie weit wir in diesem Bemühen erfolgreich sind. Es wäre deswegen gut, wenn der Deutsche Bundestag in Zukunft regelmäßig jedes Jahr eine große China-Debatte organisierte, in der Rechenschaft darüber gegeben wird, wie wir bei der Umsetzung der in der China-Strategie vorgegebenen Ziele und Maßnahmen vorangekommen sind.
Ein Gesichtspunkt sollte dabei ganz besondere Aufmerksamkeit erhalten: die europäische Einbindung deutscher China-Politik. Eigensinn und Eigensucht spielen Chinas Strategie ins Blatt. Nur gemeinsam sind wir stark.”