Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel über den möglichen Kandidatenstatus für die Ukraine entscheiden. Dazu meint Reinhard Bütikofer, außenpolitischer Koordinator der Grüne/EFA-Fraktion im Europaparlament:
„Lange hat der Europäische Rat keine so weitreichende Entscheidung zu treffen gehabt, wie sie jetzt ansteht. Mit der Zuerkennung des Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau kommt die lange blockierte Erweiterungspolitik der EU als zentrale Strategie neu in Bewegung. Wer zur Ukraine und zu Moldau ja sagt, kann zu Nordmazedonien, Albanien, Montenegro, Kosovo und Bosnien-Herzegowina nicht nein sagen. Serbien, dem die EU so viel Vorschusskredit eingeräumt hat, wird sich entscheiden müssen, ob das Land als einziges in der Region den russischen Weg geht. Auch für Georgien kann sich die Tür öffnen, wenn die Erwartung auf eine Zukunft in der EU-Familie mit entsprechenden innenpolitischen Veränderungen untermauert wird.
Die EU signalisiert mit dem nun einzuschlagenden Kurs, dass sie keine Bereiche minderer Sicherheit als Grauzone und Puffer vor der russischen Grenze haben will. Der Weg zur Realisierung dieser Perspektive wird nicht einfach sein, und wie schnell er begangen werden kann, hängt von der Reformfähigkeit der Kandidatenländer ab. Allerdings muss die EU diese Zeit auch nutzen, um ihre eigene Handlungsfähigkeit nach innen und außen zu stärken. Das Festhalten an den bisher geltenden Einstimmigkeitsregelungen im Europäischen Rat ist damit nicht vereinbar. Die generelle Beseitigung der Einstimmigkeit ist nicht erreichbar. Also wird es darauf ankommen, kluge Kompromisse zu entwickeln. Die Krisen, denen wir uns gegenüber sehen, erzwingen das.“