Eine Zeitenwende | BÜTIS WOCHE #220

Die brutale, unprovozierte und durch nichts und niemand zu rechtfertigende Invasion der Ukraine auf Befehl des russischen Präsidenten Putin hat in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik eine Reihe von Kehrtwenden hervorgerufen, wie es sie in dieser Massivität, Geschwindigkeit und weitreichenden Bedeutung noch nicht gab.

Viele Jahre hatten SPD und CDU/CSU an Nord Stream 2 festgehalten, als sei das eine unerschütterliche Notwendigkeit. Unsere Argumente wurden vom Tisch gewischt. Jetzt ist die Pipeline gestoppt und wird meiner Meinung nach nie ans Netz gehen.

Am Anfang sehr selbstbewusst und im Einklang mit der Opposition, am Ende allein gegen alle anderen EU-Mitgliedstaaten wollte die Bundesregierung die härteste finanzielle Sanktion gegen Russland, den Ausschluss des Landes vom SWIFT-System, verweigern, weil man um die Energieversorgung Deutschlands fürchtete; dann zog man doch noch mit.

Entsprechend einer langjährigen, von allen demokratischen Parteien geteilten Grundsatzhaltung hatte Deutschland sich geweigert, Waffen zur Selbstverteidigung an die Ukraine zu liefern oder gar von anderen Ländern liefern zu lassen, sofern die Waffen aus deutscher Produktion stammten; nun liefern wir Panzerabwehrwaffen und Stinger zur Luftabwehr selbst und beenden die Blockaden, mit denen wir Länder wie Finnland, Niederlande oder Estland gehindert hatten, der Ukraine zu helfen.

Seit Jahren hatten programmatisch vor allem SPD und wir Grüne, praktisch auch die CDU/CSU ein Bekenntnis zum NATO-Ziel, dass alle Mitgliedsländer wenigstens 2 % ihres BIP für Verteidigung ausgeben sollen, verweigert; nun verkündet der Bundeskanzler im Bundestag, dass wir mehr als 2 % dafür aufwenden werden, und kündigt einen Sonderfonds von 100 Mrd. Euro an, um Fähigkeitslücken der Bundeswehr schnell zu schließen.

Der Umschwung ereignete sich in wenigen Tagen. Und er war notwendig. Deutschland hätte ohne diesen Umschwung nicht weitermachen können. Denn Putins Politik hat die Sicherheitsarchitektur Europas so fundamental in Frage gestellt, dass wir zur Verteidigung von Demokratie und Freiheit UMDENKEN MUSSTEN. Es war schließlich überdeutlich geworden, dass seine imperialen Ambitionen nicht nur auf die Ukraine zielen, sondern auf ganz Europa.

Die neue Realität, in der wir uns nun wiederfinden, wird nicht einfach zu verdauen sein. Sie wird Auswirkungen haben weit über die Außen- und Sicherheitspolitik hinaus. Das bietet gewiss viel Diskussionsstoff. Den notwendigen Konkretisierungen der neuen Politik und den zu erwartenden Auseinandersetzung um diese werden wir uns als Grüne Partei stellen müssen.Um zu verstehen, was ansteht und wie der grundlegende Politikwechsel begründet wird, schlage ich an dieser Stelle vor, sich die drei Reden anzuhören, die der Bundeskanzler, Olaf Scholz, sowie unsere Außenministerin Annalena Baerbock und unser Vizekanzler Robert Habeck dazu im Bundestag in einer denkwürdigen, historischen Debatte gehalten haben. Hier sind also die Reden von Olaf ScholzAnnalena Baerbock und Robert Habeck



Rede von Robert Habeck ab 2:07:55


SONST NOCH

Meine Pressemitteilungen der letzten zwei Wochen mit Blick auf die russische Krise bis zur Invasion in die Ukraine: Kiew-Moskau-Reise von Bundeskanzler Scholz, Treffen der EU-Außenminister in Brüssel am 21.2, Sanktionen müssen beißen, Invasion Russlands in die Ukraine. 

Traditionell berichte ich über die Sitzungswoche des Europäischen Parlaments in meinen Plenarnotizen. Ich habe wieder von Berlin aus teilgenommen. Thema auch hier: die russische Krise.

Ich habe während der Plenarsitzungen zu zwei Themen gesprochen: die Sicherheit in Europa und die militärische Bedrohung der Ukraine durch Russland, den Jahresbericht 2021 zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Über letzteren habe ich außerdem mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, David McAllister, in einem Pressegespräch informiert.

Meine Pressemitteilung im Vorfeld des EU-Afrika-Gipfels könnt Ihr hier nachlesen.

Für den 2.3. habe ich die Online-Veranstaltung „Ein Grundgesetz fürs Internet? Welche Folgen haben die Pläne der Europäischen Union?“ mit Alexandra Geese (MdEP, Schattenberichterstatterin der Grünen/EFA-Fraktion für den DSA im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz), Heiko Kahl (Geschäftsführer der Digitalagentur Thüringen GmbH) und Christian Otto Grötsch (Founder & Managing Director der dotSource GmbH) organisiert. Hier könnt Ihr Euch anmelden.