Zum “Gymnich”-Treffen der EU-AußenministerInnen in Brest meint Reinhard Bütikofer, außenpolitischer Koordinator der Grüne/EFA-Fraktion im Europaparlament:
“Das informelle Außenministertreffen in Brest bietet seinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern den dringend erforderlichen Raum für eine selbstkritische Bestandsaufnahme der EU-Außenpolitik zu Beginn des Jahres 2022. Herausfordernd ist die Beratung vor allem für Frankreich, Berlin und den EU-Außenbeauftragten Borrell. Paris muss demonstrieren, dass es als Ratspräsidentschaft in der Lage ist, die EU insbesondere mit Blick auf die russischen und chinesischen Aggressionen und auf serbisches Zündeln auf dem Balkan zu einer wirksamen, solidarischen Position zusammenzuführen. Berlin muss unter Beweis stellen, dass das Versprechen einer „europäischeren“ deutschen Außenpolitik von der Ampel-Koalition ernst gemeint ist. Josep Borrell hat die Gelegenheit zu zeigen, ob er lieber die Stimme einer selbstbewussten EU ist oder die Stimme einer jammervollen.
Die Prüfsteine für die europäischen Außenminister liegen auf der Hand. Sie müssen jeden Zweifel ausräumen an der Bereitschaft, falls nötig mit sehr schwerwiegenden wirtschaftlichen Maßnahmen auf eine erneuerte russische Aggression gegen die Ukraine zu reagieren. Sie sollten auch deutlich machen, dass es bei den revisionistischen Forderungen des russischen Präsidenten Putin nicht nur um die Ukraine geht, sondern um die gesamte Sicherheitsarchitektur Mittel- und Osteuropas und damit unser aller Sicherheit. Litauen braucht, wenn über China diskutiert wird, klare Signale der praktischen Solidarität. Litauen hat sich im Rahmen der europäischen Ein-China-Politik bewegt, und die EU kann nicht zulassen, dass Peking als Reaktion darauf de facto den gemeinsamen Markt angreift. In Bosnien und Herzegowina haben die nationalistischen Serben vor kurzem eine ekelhafte militaristische Show organisiert. Ihr Wille, den einheitlichen Staat zu zerstören, ist unzweifelhaft. Die EU hat darauf leider bisher mit uneindeutigen Signalen reagiert. Dem sollten die Minister ein Ende setzen.”