Zum Außenministerrat der EU erklärt Reinhard Bütikofer, außenpolitischer Koordinator der Grüne/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:
“Der Außenministerrat hat eine übervolle Agenda. Um die vielen Themen angemessen zu bearbeiten, sollte er doppelt so oft tagen wie er das bisher tut. Da die gemeinsame Außenpolitik zu 27 angesichts bekannter Differenzen nicht leichter wird, während ständig für jedes ungelöste Problem zwei neue entstehen, muss die außenpolitische Kooperation intensiviert werden, will die EU nicht nur den meisten Herausforderungen hinterherkommentieren.
Auf der aktuellen Tagesordnung sind die Themen Belarus und Bosnien-Herzegowina von ganz besonderer Dringlichkeit. Die belarussische Luftfahrtgesellschaft Belavia muss mit umfassenden Sanktionen belegt werden, um wirksamer gegen die Menschenhandelsverbrechen des Minsker Diktators Lukaschenko vorgehen zu können. Bei Bosnien-Herzegowina kommt es darauf an, den gefährlichen spalterischen Umtrieben des Serben-Anführers Dodik ein massives Stopp-Signal entgegen zu setzen. Wird er jetzt nicht aufgehalten, dann droht ein neuer, extrem riskanter Gewaltausbruch in dem Land.
Die neue Global Gateway Initiative von Kommissionspräsidentin von der Leyen steht offiziell nicht auf der Agenda der Außenminister. Aber sie sollte bei der Vorbereitung des Gipfels mit den östlichen Partnerschaftsländern eine zentrale Rolle spielen. Ziel der EU sollte es sein, zu diesem Thema beim Gipfel im Dezember eine Rahmenübereinkunft zu erzielen.
Gar nicht auf der Tagesordnung stehen die Entwicklungen im ostasiatischen Raum. Weder Chinas steigende Aggression gegenüber Taiwan noch die Spannungen an der chinesisch-indischen Himalaya-Grenze noch die immer brutalere Vergewaltigung der Freiheiten Hongkongs durch Pekinger Imperative. Es ist eine belämmernde Tatsache, dass sich der Außenministerrat nun zum vierten oder fünften Mal der Aufforderung des Europäischen Parlamentes entzieht, klar zu der Entwicklung in Hongkong Stellung zu beziehen. Dabei ermutigt Europas Wegducken faktisch die aggressive Politik Chinas.”