Wird das deutsche 5G-Netz sicher – oder chinesisch? | MEINUNG

Für die Datenökonomie der Zukunft brauchen wir 5G und das eher früher als später. Die digitale Gesellschaft und die digitale Wirtschaft von morgen sind darauf angewiesen. Ohne die riesigen anfallenden Datenmengen über 5G schnell, sicher und zielgenau transportieren zu können, bleiben Industrie 4.0 oder das Internet der Dinge oder Künstliche Intelligenz leere Versprechen.

Bemerkenswert ist allerdings, wie sehr wir bei der 5G-Sicherheit im Dunkeln tappen. Während die 5G-Frequenzen in Deutschland vor Ende März vergeben werden sollen, bleiben wichtigste Sicherheitsfragen dieser zentralen Infrastruktur im Zwielicht. Wacht Berlin noch rechtzeitig auf?

Den Elefanten im Raum ignorieren zu wollen wäre kindisch: Können wir zu dem chinesischen 5G-Anbieter und Branchenführer Huawei so viel Vertrauen haben, dass wir der Firma erlauben, sich am Aufbau des Rückgrats unserer 5G-Infrastruktur zu beteiligen? Für die Mobilfunkstruktur der Regierungsserver hat die Bundesregierung diese Frage verneint.

Und was sind uns die Sicherheit sonstiger Infrastruktur und die Sicherheit der Industrie wert? Solche Fragen werden nicht nur hier in Deutschland gestellt, sondern auch in Australien, Kanada, Norwegen, Polen, dem Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten, Dänemark, Japan, Indien; die Liste wird fast wöchentlich länger.

Aus den USA wird auf Europa und auch auf Deutschland Druck ausgeübt, Huawei zu bannen. Doch wenn man einmal davon absieht, dass die Trump-Administration selten eine Gelegenheit auslässt, unsere Gefühle zu verletzen, kann man sich den Fragen aus D.C. nicht verweigern.

Denn es geht hier um ein strukturelles Problem, das über die Ebene von Einzelunternehmen hinausreicht, weil es im Charakter des chinesischen Staates gründet.

Am klarsten hat Australien sich den relevanten Fragen gestellt. Die australische Regierung begründet ihre politische Entscheidung, Huawei faktisch nicht zuzulassen, mit einem Verweis auf das chinesische nationale Geheimdienstgesetz von 2017.

Es verpflichtet chinesische Bürger und Organisationen einschließlich Unternehmen, auf Verlangen des Geheimdienstes mit diesem zusammenzuarbeiten, ihm gewünschte Informationen zur Verfügung zu stellen und dies den Betroffenen zu verheimlichen.

Firmen, die einer solchen Regelung unterliegen, und das trifft nun mal auf Huawei zu, erscheinen den Australiern zu Recht als nicht hinreichend vertrauenswürdig.

Seitdem die australische Kritik weltweit Resonanz findet, hat der Huawei-Gründer, ein Mann mit besten Beziehungen zur chinesischen KP-Führung, tatsächlich vor westlichen Journalisten erklärt, niemals werde sein Unternehmen auf Verlangen der chinesischen Regierung zum Schaden seiner Kunden Daten herausgeben. Angesichts der Gesetzeslage muss man sagen: Trau, schau, wem!

Wir brauchen in Deutschland nicht nur einen Katalog von hektisch zusammengestellten Sicherheitskriterien, wie Quellcodeoffenlegung, No-spy-Abkommen oder vorgeschriebener Zertifizierung, wie ihn die Bundesregierung gerade mit heißer Nadel strickt. Wir sollten uns am australischen Vorbild orientieren.

Praktisch hieße das, dass solche Firmen aus dem Rückgrat der digitalen Infrastruktur ausgeschlossen sind, die durch die Gesetzgebung in ihrem Heimatland verpflichtet sind, ohne Prüfung durch unabhängige Gerichte auf Verlangen Informationen an heimische Sicherheitsbehörden weiterzugeben.

Am besten wäre es, das europäisch einheitlich zu verabreden, statt einen Regulierungs-Flickenteppich zu schaffen. Eine einfache politische Erklärung, wie sie Bundeskanzlerin Merkel kürzlich eingefordert hat, reicht da nicht aus.

Der Appell geht auch an den Bundestag, dem alten Versicherungsslogan zu folgen: Vorsorge schützt vor Sorge.

Der Artikel erschien in der WELT.


Dazu habe ich in dieser Woche auch im Parlament gesprochen: