Die EU muss nach dem Mord an Jamal Khashoggi endlich ein Waffenembargo gegen Saudi-Arabien beschließen, verlangt Reinhard Bütikofer, Europaabgeordneter und Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei (EGP):
„Der Fall Khashoggi kann ein Wendepunkt werden für die Beziehungen demokratischer Länder gegenüber autokratischen, autoritären und totalitären Regimen. Viele grausame Menschenrechtsverletzungen hat Saudi-Arabien in den letzten Jahren begangen. Am schlimmsten ist der Krieg im Jemen, der die größte humanitäre Katastrophe der Gegenwart verursacht. Auch andere antidemokratische Regierungen, von Russland über China, die Philippinen, die Türkei, Ägypten, Venezuela bis hin zum Sudan treten fast täglich voller Verachtung die Menschenrechte mit Füßen. Was jedoch den Mord an Jamal Khashoggi durch ein von der saudischen Regierung geschicktes Killerkommando unterscheidet, ist die Art und Weise, wie sich im Schicksal dieses einen Journalisten die grenzenlose Arroganz der Machthaber provozierend spiegelt – und die selbstsichere Gewissheit, mit gar nicht ernsthaft vertuschter Brutalität international durchzukommen.
Die Demokratien, von denen sich die meisten über die Jahre immer wieder mit den autokratischen Regimes trotz deren Verbrechen arrangiert haben, haben auf den Fall Khashoggi langsam reagiert. Ihre Zögerlichkeit entspricht in bestimmter Weise derjenigen, die viele auch im Kampf gegen autoritäre Tendenzen des jeweils eigenen Landes an den Tag legen. Demokratien sind langsam, wenn es darum geht, für einen unumgänglichen Kampf zu mobilisieren.
Der erste klare gemeinsame Schritt muss ein europäisches Waffenembargo gegen Saudi-Arabien sein. Europäischer Rat und Europäische Kommission müssen jetzt die dafür nötigen Schritte ergreifen.
Der Mord an Khashoggi kann der eine Punkt sein, an dem auf breiter Front unübersehbar wird, dass die Demokratien ihren noch vorhandenen internationalen Einfluss Stück für Stück verlieren werden, wenn sie nicht umsteuern und gegenüber Regimes wie dem in Saudi-Arabien klarere Grenzen ziehen. Der Kurswechsel braucht die Mitwirkung aller Demokraten und lässt auch die Wirtschaft nicht außen vor. Ein Joe Kaeser von Siemens, der sich in zynischer Weise noch mit jedem Potentaten gemein gemacht hat, wird sich auch entscheiden müssen.“