Autonomie ist der Ausgangspunkt für individuelle Selbstbestimmung, eines friedlich-respektvollen Verhältnisses zwischen Staaten und nicht zuletzt von Demokratie. Freiheit und Offenheit ist die ständige Beunruhigung für autokratische Herrscher, der sie sich nicht einmal versuchsweise aussetzen wollen.
Autonomie im Kommunismus war den Versuch wert – er ist im August 1968 schmerzvoll gescheitert. Kommunismus war danach definitiv zu den historischen Akten zu legen. Er blieb unfähig, sich durch und mit Demokratie zu erneuern.
Die Idee von Freiheit und Autonomie ist nie definitiv gesichert, aber sie ist unbesiegbar. Demokratie – nicht die Marktwirtschaft – ist der solidarische Kern des freiheitlich-autonomen Projekts.
Alle totalisierenden Denkansätze sind auch Angriffe auf die Autonomie. Totalisierende Staatspraxis wie in China ist ein Schrecken für jeden Demokraten (das bisschen Marktwirtschaft, das die chinesischen Kommunisten in ihr Wirtschaftssystem eingebaut haben, hilft nichts dagegen).
Demokraten haben in ihren Ländern genug damit zu tun, Autonomiefeinde, die heute vor allem von Rechts kommen, zurück zu weisen. Sie greifen die individuelle Autonomie an, die ebenfalls seit den 68er-Bewegungen (mit einem Kulminations-, aber keinesfalls Endpunkt 1968) kraftvolle, emanzipatorische Fortschritte gemacht hat. Sie reaktivieren Nationalismus als autonomiefeindliche Zwangsvergemeinschaftung. Sie verwenden selektiv einige demokratische Mittel zu antidemokratischen Zwecken.
Demokratie als Lebensform, staatliche und transstaatliche Demokratie bauen, in jeweils charakteristischer Weise, auf wertgebundener, freiheitlich-solidarischer Autonomie auf. In der Geschichte brutaler Durchsetzung von Fremdbestimmung ist der 21. August 1968 ein Mahnmal. Freiheitliche Selbstbestimmung und Autonomie bleiben der Gegenpol.
Prof. Dr. Joachim Raschke, geboren 1938, Politologe, Parteien-, Bewegungs- und Strategieforscher, Mitgründer der Agentur für Politische Strategie (APOS)