August 1968: Zerstörte Hoffnungen
Heute erinnern wir uns an die Niederschlagung des Prager Frühlings durch Truppen des Warschauer Paktes, die vor genau 50 Jahren die Hoffnung vieler Menschen auf einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zerstörte. In Prag und Bratislava erinnert man sich am 21. August an das brutale Ende der Hoffnung auf eine Öffnung der Gesellschaft und die Möglichkeit eines selbstbestimmten Weges.
Václav Havel hat wahrscheinlich auch im Kontext dieser Erfahrung sehr treffend gesagt: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas sinnvoll ist – unabhängig davon, wie es ausgeht.“ Nach dem Einmarsch sollte es noch über 20 Jahre dauern, bis Europa eine neue Hoffnung erfasste: Die Hoffnung auf ein offenes, demokratisches und geeintes Europa. Heute haben viele Menschen in Europa das Hoffen aufgegeben. Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretiker attackieren tagtäglich den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wettern gegen die Europäische Union und suggerieren, dass früher alles besser war. Dabei können sie sich auf die Unterstützung des Kremls verlassen. In Anbetracht der Ereignisse von 1968 ist dies mehr als traurig.
Wir sollten uns heute in Europa auch an die Hoffnungen erinnern, die mit dem Prager Frühling verbunden waren – dazu gehören die Würde des Menschen, Freiheit, Solidarität und Verantwortung. Wir dürfen das Hoffen nicht verlernen und müssen dafür unser Bestes tun. Ohne die Hoffnungen der tschechoslowakischen Dissidentinnen und Dissidenten auf Licht am Ende des Tunnels wären die Charta 77 und die Samtene Revolution nicht möglich gewesen. Ohne die Hoffnung auf eine bessere Zukunft frisst uns entweder die Angst oder die Gleichgültigkeit auf.
Eva van de Rakt, Büroleiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Prag