Kein Instrument protektionistischer Politik Unter dem bemerkenswerten Titel “Lieber Chinesen als amerikanische Hedgefonds” (F.A.Z. vom 4. August) hat sich Uwe Marx mit der aktuellen Diskussion um die Prüfung sensibler Investitionen aus Nicht-EU-Ländern auseinandergesetzt. Er erweckt den Eindruck, als gebe es dazu in politischen Kreisen eine grundlose Aufgeregtheit und bezieht sich dabei auf Gespräche mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Aus vielen eigenen Gesprächen mit VDMA-Vertretern weiß ich, dass dort diese Sache deutlicher differenzierter betrachtet wird, als in dem Artikel zum Ausdruck kommt. Denn tatsächlich geht es bei dem sogenannten Investment Screening keineswegs um eine generelle Blockade von Investitionen aus Drittländern. Fälle, in denen “kein technologisches Exklusivwissen” zur Debatte steht, werden meines Wissens durch keinen der vorliegenden Vorschläge zum Investment Screening adressiert. Die vier Fälle, die Marx explizit nennt, fallen allerdings nicht unter diese Kategorie, im Gegenteil. Es handelt sich jeweils um Fälle, bei denen es um sehr spezielle Technologien geht, die für Sicherheit und öffentliche Ordnung relevant sind. Uwe Marx’ Artikel referiert die tatsächliche Erfahrung etlicher Unternehmen, dass chinesische Investoren in der Vergangenheit bei Übernahmen Zusagen zu Investitionen und Modernisierung, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zu Zugang zum chinesischen Markt eingehalten haben. Er zieht daraus aber einen falschen Schluss, wenn er schreibt: “Misstrauen chinesischen Käufern gegenüber ist angesichts dieser Lage schwer zu begründen.” Michael Hüther, der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), hat ganz im Gegenteil jüngst in der “Rheinischen Post” bei solchen sensiblen Investitionen einen “besonderen” Handlungsbedarf festgestellt, und zwar “gerade mit Blick auf Staaten, die Marktwirtschaft und Kapitalismus nur selektiv nutzen und nicht in eine demokratische Verfassungsordnung eingebunden sind”. Dass auch dabei “Augenmaß” erforderlich ist, wie der BDI gefordert hat, ist selbstverständlich. Investment Screening prüft Fragen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung und darf nicht als Instrument protektionistischer Industriepolitik missverstanden werden. Besonders pikant ist, welches “Ungemach aus Brüssel” der Autor in diesem Zusammenhang ausgemacht haben will: Ein “Vetorecht der EU bei Unternehmensübernahmen” solle “gestärkt werden”. Es gibt kein solches Vetorecht der EU und wird auch keines geben. Sowohl die Vorschläge der EU-Kommission zum Investment Screening als auch die des Europäischen Parlaments und des Rates, die alle schriftlich vorliegen, schließen das aus. REINHARD BÜTIKOFER, MITGLIED DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS, BÜNDNIS 90/GRÜNE.
Der Leserbrief erschien am 16.08 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung
Der erwähnte Artikel von Uwe Marx ist hier zu finden.