Zum Ergebnis des Treffens zwischen Juncker und Trump in Washington sagt Reinhard Bütikofer, transatlantischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament und Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei:
„Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Kommissionspräsident Juncker und dem amerikanischen Präsidenten Trump ist eindeutig ein Erfolg für die EU und auch einer für Juncker persönlich.
Nachdem die Trump-Regierung monatelang versucht hatte ein einseitiges Diktat in der Handelspolitik durchzusetzen, hat sie sich jetzt bereit erklärt, ernsthaft an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Drohung mit Sonderzöllen auf europäische Autos ist erst einmal vom Tisch. Das Ziel, Industriezölle auf breiterer Front abzubauen, auf das man sich jetzt verpflichtet hat, gehörte schon während der TTIP-Verhandlungen ab 2013 zu den am wenigsten streitigen Fragen zwischen den USA und der EU. Allerdings ist bei Trumps großspuriger Ankündigung, man wolle sämtliche Zölle, sämtliche Barrieren und sämtliche Subventionen abschaffen, Skepsis angesagt. Denn tatsächlich führt er gerade eine neue Agrarsubvention ein. Es wird spannend sein zu sehen, ob er bereit ist, sich von der „Buy American“-Politik zu verabschieden, Europa beim Zugang zu öffentlichen Beschaffungen entgegenzukommen, europäische Herkunftsbezeichnungen einzuschränken und auf Standarddumping zu verzichten. Bis die Trump-Juncker-Abrede tatsächlich mit Substanz gefüllt ist, wird es noch ein ernsthaftes Ringen geben müssen, aber wir sind jetzt auf einem neuen Pfad und das ist entscheidend.
Wichtig ist auch die Vereinbarung, gemeinsam konkret über notwendige WTO-Reformen zu sprechen. Trumps Handelspolitik setzte bisher darauf, WTO-Recht zu ignorieren, oder die WTO sogar ganz zerschlagen zu wollen, so wie anderer multilaterale Organisationen auch. Die gemeinsame Suche nach WTO-Reformen trägt vielleicht etwas dazu bei, die USA wieder ein bisschen stärker in Richtung Handelsmultilateralismus zu bewegen. Junckers Angebot, Europa werde mehr Soja aus den USA und mehr Flüssiggas importieren, ist ein schillerndes. Verstärkte Sojaimporte finden faktisch schon statt, weil in der Folge des trumpschen Handelskrieges mit China die amerikanischen Sojapreise sinken. Bei Flüssiggas hat Europa große, zu mehr als zwei Drittel bisher nicht genutzte Importinfrastruktur in insgesamt zehn Ländern. Aber die EU-Kommission kann ja kein europäisches Unternehmen verpflichten, amerikanisches Flüssiggas zu kaufen, statt katarisches oder algerisches. Preislich müssten die US-Exporteure einiges nachlassen, wenn sie am europäischen Markt wettbewerbsfähig sein sollten. Aus ökologischer Sicht ist natürlich weder sie Einfuhr von Gensoja, noch die Einfuhr von Fracking-Gas eine gute Sache, aber die Auseinandersetzung darum wird gewiss weitergehen.
Für alle Verächter Europas war Junckers Washingtonbesuch eine Lehrstunde. Europa ist nicht zahnlos und kann sich durchaus mit Wirkung dagegen wehren, von anderen herumgeschubst zu werden. Diese Lehre müssten die europäischen Hauptstädte jetzt nur noch schleunigst auf die europäische Außen- und Sicherheitspolitik übertragen.”