Zum anstehenden EU-Japan-Gipfel und den Plänen für ein Freihandelsabkommen meint Reinhard Bütikofer, Europaabgeordneter und Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei (EGP):
„EU-Kommissionspräsident Juncker und der japanische Ministerpräsident Abe werden morgen der Öffentlichkeit eine Vereinbarung über Freihandel zwischen der EU und Japan präsentieren, die Zeichen setzen soll. Mit Hochdruck ist zuletzt daran gearbeitet worden, dass noch vor dem G20-Gipfel ein Ergebnis zustande kommt. Das gewünschte Signal ist ein geopolitisches, und es richtet sich gleichzeitig an mehrere Adressaten. Den USA will es vermitteln, dass die EU und Japan nicht bereit sind, sich von Präsident Trump eine globale handelspolitische Agenda diktieren zu lassen. Ein Freihandelsvertrag, der ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung umfasst, setzt da ein Ausrufezeichen. Nach Beijing senden Brüssel und Tokio die Botschaft, dass beide vertragsschließenden Seiten nicht vorhaben, China die zentrale geopolitische Rolle zuzugestehen, die Xi Jinping verstärkt anstrebt, seit Donald Trump der multilateralen Verantwortung der USA entsagt. Und allen weniger mächtigen Akteuren, die sich angesichts der Rivalität zwischen den USA und China um ihre eigenen Handlungsspielräume sorgen, wollen EU und Japan deutlich machen: Man muss sich nicht an eine der zwei Supermächte anlehnen und von ihr dominieren lassen. Es gibt, das soll kommuniziert werden, eine dritte Option, einen dritten Pol, der weiterhin für Multilateralismus und Freihandel steht.
Geopolitisch ist das EU-Japan Abkommen ein Faktum erster Ordnung. Aber dieses Handelsabkommen muss auch an anderen Kriterien gemessen werden. Dies gilt umso mehr, als die EU ja gerade mit den großen Debatten über TTIP und CETA die Erfahrung gemacht hat, dass immer mehr Menschen begreifen, wie sehr Handelsabkommen tief in ihren Alltag eingreifen, und daher nicht bereit sind, einfach nur Ja und Amen zu sagen. Leider haben Mitgliedstaaten und Kommission ihre Lektion in Sachen Transparenz nicht gelernt. Das Mandat, auf dessen Grundlage verhandelt wurde, ist bis jetzt nicht veröffentlicht. Zahlreiche wesentliche Regelungen des Abkommens sind zudem bisher gar nicht zu Ende verhandelt, sondern es wird wie in einem Pokerspiel um sie noch gezockt. Das gilt etwa für den Schutz ausländischer Investitionen und das gilt beim Marktzugang für landwirtschaftliche Produkte oder beim öffentlichen Beschaffungswesen. Die Kommission kann keinen Beifall für ein Verhandlungsergebnis erwarten, bevor dieses insgesamt klar ist. Wir Grüne werden genau darauf achten, ob und gegebenenfalls wo das Japanabkommen hinter Maßstäbe zurückfällt, die bei CETA gesetzt wurden. Einen handelspolitischen Krebsgang werden wir nicht unterstützen. Kommission und Rat müssen wissen: Die geopolitische Argumentation wird nicht als Entschuldigung funktionieren, wenn die konkreten Verabredungen hinter den notwendigen Standards zurückbleiben, mit denen Arbeitnehmer, Verbraucher und Umwelt geschützt werden müssen.“