Deal oder nicht Deal, das war die große Brexit-Frage beim EU Gipfel letzte Woche. Wollte die EU ein Ausscheiden des Vereinigten Königreiches verhindern, dann musste sie Premierminister Cameron entgegenkommen, so dass der zuhause dann auf Basis der errungenen Zugeständnisse für einen Verbleib Großbritanniens in der EU werben würde.
Für eine entschiedene Euroförderalistin ist das explizite Nachgeben gegenüber der Forderung aus Downing Street No 10, dass das Vereinigte Königreich nicht an das EU Grundprinzip der „ever closer union“ gebunden sein solle, natürlich eine Provokation. Für jeden Vertreter einer Politik der ökologischen Transformation unserer Wirtschaft sind die Verabredungen für stärkere „Wettbewerbsfähigkeit“ mit ihrer Orientierung an einer engstirnigen Deregulierungsagenda genauso ärgerlich wie lachhaft. Bezüglich der sozialen Dimension gelang es nicht jegliche Diskriminierung kategorisch auszuschließen; bestenfalls wurden ihr einige Hürden errichtet, die verhindern sollen, dass die britische Ausnahme demnächst von anderen generalisiert wird. Und hinsichtlich des Zusammenwirkens von Eurozonenländern mit Nicht-Eurozonenmitgliedsstaaten bei der Verabredung von Regeln für die Eurozone wird das Fingerhakeln, bei dem es ganz wesentlich um die Sonderinteressen der Londoner City geht, durch die verabredeten Ergebnisse nicht beendet.
Doch das Ergebnis ist das Ergebnis. Hic rhodus, hic salta. Großbritannien in der EU halten und dieses Ergebnis kritisieren, das geht, aber dieses Ergebnis zum Scheitern zu bringen, führte eben zu einem Europa der 27.
In Großbritannien wird es übrigens bei der für den 23. Juni angesetzten Volksabstimmung auch eher um alles andere gehen als um Camerons Kompromisspaket. Es geht um die künftige Führung der Tories. Es geht um den Traum von Hedgefond-Managern, der offenbar auch von Schatzkanzler Osborne geteilt wird, von Großbritannien als einem von Rücksichtnahme auf die europäische Nachbarschaft befreiten Zentrum der Finanzwirtschaft, einer Art Singapur des 21. Jahrhunderts. Es geht darum, ob den Engländern das Hinausdrängen „des Kontinents“ wichtiger ist als das Drinhalten der Schotten. Es geht darum, ob, von imperialer Nostalgie getrieben, die Zugehörigkeit zur EU selbst als Zumutung für das britische Selbstbewusstsein erklärt und infolge dessen die EU zum Sündenbock für alles gemacht wird, was im Vereinigten Königreich nicht gut läuft, gemacht wird.
Die Schwäche der In-Campaigns gründet darin, dass sie zu wenig auf einer werte- und interessenmäßig klar definierten Vorstellung der Zukunft des Landes beruhen. So ist am 23. Juni bestenfalls mit einem halben Sieg gegen UKIP und die Tory-Vertreter des EU-Ausstiegs zu rechnen.
Ich meine damit: eine Entscheidung gegen Brexit, die auf dem Argument gründet, dass sich die EU immerhin, siehe Kompromisspaket, als reformfähig erwiesen habe. Das wäre kein ganz geringer Erfolg angesichts des Umstandes dass die Realität der EU derzeit nicht eben eine strahlende ist.
Unsere britischen Grünen werden gegen Brexit kämpfen. Wir europäische Grüne unterstützen sie dabei. Es wird spannend, ob, wenn der Europäische Rat im Juni die neue Globale Strategie der EU beschließen soll, ihm noch 2 Mitglieder des UN Sicherheitsrats angehören oder nur noch eines.
Photo by Moyan_Brenn