Diesseits und jenseits des Atlantiks haben vor kurzem sicherlich etliche Champagnerkorken geknallt, als der deutsche Vizekanzler, Wirtschaftsminister und SPD Vorsitzende Gabriel im Bundestag verkündete, dass er vorhabe beim Europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen einzuknicken. Lange Zeit hatte Gabriel den Eindruck erweckt und erwecken lassen, man können beim Kampf gegen vollständig ungerechtfertigte Privilegien zum Schutz der Interessen großer internationaler Investoren auf ihn zählen. Diese Investorenprivilegien – in der international verwendeten Abkürzungssprache ISDS (Investor-State-Dispute-Settlement-Mechanism) genannt – sind im CETA Abkommen zwischen der EU und Kanada vorgesehen, und nicht nur viele Spatzen sondern auch etliche sonstige Vögel pfeifen von Brüsseler und Berliner Dächern, dass damit ein Vorbild vorliege für das noch weitreichendere Handelsabkommen zwischen der USA und der EU, TTIP.
Für Gabriel-Kenner war seine ISDS-Volte vielleicht keine Überraschung. Und dass die SPD Linke daraufhin nur leise murmelnd protestierte auch nicht. Aber wer unter den Lobbyisten gemeint haben sollte, damit eine entscheidende Etappe gewonnen zu haben, sollte genau hinhören, was gerade aus Washington verlautet: Dort haben führende demokratische Politiker aus dem Repräsentantenhaus massiv gegen ISDS Stellung bezogen. Sie wollen nicht, dass internationale Investoren gegen demokratische Gesetze vor private Schiedsgerichte ziehen können, um sich Schadenersatz zu erstreiten, weil sie sich in ihren Gewinnerwartungen getäuscht sehen, so wie aktuell Vattenfall, das schwedische Staatsunternehmen, das von der Bundesrepublik mehr als drei Milliarden verlangt, da der Atomausstieg seine Profiterwartungen über den Haufen geworfen hat.
Die Stimmen aus der amerikanischen Hauptstadt sind ernst zu nehmen. Dort ist nämlich das Parlament der eigentliche Herr von Handelsabkommen und hat verwaltungsrechtlich deshalb eine sehr starke Position. Und interessant ist im Übrigen auch, dass ISDS unter den gemeinhin als handelsfreundlich eingeschätzten Republikaner keineswegs einhellig unterstützt wird. Sowohl der frühere Weltbankpräsident Zoellick als auch das libertäre Cato Institute haben sich öffentlich gegen ISDS gewandt.
In Deutschland hat übrigens mit der Bundesvereinigung Mittelständische Wirtschaft der erste Wirtschaftsverband ebenfalls gegen ISDS Stellung bezogen.
Der Kampf wird nicht einfach, aber er ist zu gewinnen. Zieht euch warm an Lobbyisten.