Zum Welttag des Wassers am 22. März warnt der Grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer vor einer Gefährdung der kommunalen Wasserversorgung in Europa, durch einen Richtlinienentwurf der EU-Kommission und betont die Bedeutung der Ressource Wasser im weltweiten Maßstab.
Was gab es für einen Aufschrei, als bekannt wurde, dass die EU-Kommission eine Richtlinie erlassen will, die Dienstleistungskonzessionen reguliert, darunter auch die Wasserversorgung. Zu Recht! Gegen die Sorge vor einer Privatisierung des Wassers reagieren Kommunen und Allgemeinheit nicht ohne Grund allergisch. Es gründeten sich Initiativen, wurden Homepages auf die Beine gestellt, mit denen Bürgerinnen und Bürger ihrem Protest Ausdruck verleihen konnten, beschlossen Parlamente auf allen Ebenen ablehnende Positionen. Und eine der erfolgreichsten Europäischen Bürgerinitiativen begann mit dem Slogan „Wasser ist ein Menschenrecht“ ihre Arbeit.
Nun kann die EU-Kommission keine Privatisierung der Wasserversorgung vorschreiben, da sie auf diesem Gebiet keine entsprechenden Kompetenzen hat. Probleme gibt es aber dennoch. Erstens versucht die Kommission, einen solchen Zwang zur Privatisierung dort durchzusetzen, wo sie einen besonderen Einfluss hat, nämlich in Ländern, die Gelder aus dem Europäischen Rettungsschirm erhalten. Portugal und Griechenland stehen dafür beispielhaft, so wie auch ihre Probleme mit der Privatisierung ein (abschreckendes) Beispiel darstellen. Dabei fehlen Belege dafür, dass eine Privatisierung der Wasserversorgung zu einer Erhöhung der Transparenz oder einem Abbau der Korruption führt, wie es die Kommission als Ziel ihres Vorhabens ausgibt.
Das zweite Problem mit der geplanten Richtlinie besteht darin, dass sie einen großen Druck auf die Kommunen und die öffentlichen Wasserversorger aufbaut. Die Rechtslage wird kompliziert und unübersichtlich, was dazu führen wird, dass viele Kommunen vorsorglich ihre Wasserversorgung europaweit ausschreiben werden, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Stadtwerke werden durch verschiedene Vorgaben benachteiligt.
Drittens wird den Kommunen ein wichtiges Element ihrer Aktivitäten verbaut. Um die hohen Investitionen stemmen zu können, die Maßnahmen zur Modernisierung und Effizienzsteigerung der Versorgungsanlagen erfordern, ist es notwendig, Kooperationen mit anderen kommunalen Unternehmen einzugehen. Dies wird durch die Richtlinie erschwert.
In vielen deutschen Kommunen zeigt sich ein Trend zum Rückkauf von Versorgungsstrukturen, seien es Strom- oder Fernwärmenetze, sei es die Abfallwirtschaft. Beim Verkauf dieser Netze sind viele Kommunen von den Banken übel über den Tisch gezogen worden. Gleichzeitig fehlte der politische Einfluss auf die Versorgungssysteme. Es sollte das Ziel sein, es kommunalen Unternehmen und damit allen voran den Stadtwerken zu ermöglichen, Netze zurückzukaufen oder zumindest zu behalten. Letzteres wird durch die geplante Richtlinie unnötig erschwert.
Leider hatte das Europäische Parlament insgesamt bisher keine Gelegenheit, sich zu den Vorschlägen zu positionieren, ehe sich Kommission und Rat damit beschäftigen. Bisher wurde nur im Binnenmarktausschuss dazu Stellung genommen, der die geplante Richtlinie kaum veränderte. Dass Sozialisten, Konservative und Liberale diese Nichtbefassung des Plenums durchgesetzt haben und Gegner der Richtlinie ihre Hoffnungen auf einen Erfolg der gestarteten Bürgerinitiative setzen müssen, ist ein Armutszeugnis! Und dass viele CDU- und CSU-Vertreter vor Ort heftig gegen die EU-Richtlinie kämpfen, aber im Bundestag vor FDP-Minister Rösler kuschen, ist auch kein Ruhmesblatt.
Der Welttag des Wassers, der in dieser Woche zum zwanzigsten Mal begangen wird, lenkt den Blick aber nicht nur auf Fragen der Wasserversorgung in Europa, sondern weist darüber hinaus auf die große Bedeutung der Ressource Wasser hin. Europa ist von Knappheiten vergleichsweise weniger betroffen, doch auch hier nimmt die Wasserknappheit in einigen Regionen deutlich zu. Dagegen hat die Zahl starker Dürreperioden in vielen Regionen der Welt, insbesondere in der Sahelzone, dramatische Ausmaße angenommen. Die wachsende Bevölkerung, die Zunahme extremer Wetterereignisse als Folge des Klimawandels und der enorme bestehende Wasserverbrauch verschärfen diese Situation Jahr für Jahr.
Einen wesentlichen Anteil am hohen Wasserverbrauch hat dabei der Agrarsektor. Schon heute sind rund 70 Prozent des Wasserverbrauchs auf landwirtschaftliche Produktion zurückzuführen. Dabei könnte ein Großteil dieses Wassers gespart werden, wenn beispielsweise Bewässerungssysteme verbessert und mit neuesten Technologien ausgestattet, die Speicherkapazitäten des Bodens etwa durch andere Anbaufrüchte erweitert oder bessere Auffangmethoden für Regenwasser eingesetzt werden würden. Und auch unser Essverhalten trägt zum hohen Wasserverbrauch der Landwirtschaft bei, denn für die „Produktion“ von Fleisch ist der Einsatz enormer Wassermengen nötig, die bei einem Ersatz durch andere Nahrungsmittel eingespart werden könnten. Provokativ formuliert: europäische Verbraucherinnen und Verbraucher könnten durch Verzicht auf hohen Fleischkonsum einen weit wichtigeren Beitrag zum Wassersparen liefern als durch den Einbau weiterer Spartasten und –wasserhähne im Bad.