Kampf gegen Rohstoff-Spekulation: Ein Schrittchen nach vorne
Heute legt EU-Kommissar Barnier die erneuerte Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) vor. Worum geht es?
Die Spekulation bei Rohstoffen und damit das Schwanken von Rohstoffpreisen hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Ihre schwersten Auswirkungen machen sich in den ärmsten Ländern bemerkbar. Ab und zu, wenn es zu Hungerrevolten kommt, wird das auch bei uns kurz wahrgenommen. Tatsache ist: In 2008 erreichten eine ganze Reihe von Grundstoffmärkten (Lebensmittel, Metalle, Energie etc.) ihr höchstes Niveau und sind dann in der zweiten Jahreshälfte beträchtlich gefallen. 2010 und 2011 geschah ähnliches.
Die Volatilität von Rohstoffpreisen beeinträchtigt auch bei uns Industrie und Konsumenten. Hohe Rohstoffpreise sind zum einen Resultat der fundamentalen globalen Veränderungen. Westliche Industriestaaten sind nicht mehr die einzigen, die mit ihrem Heißhunger auf Rohstoffe die Märkte beeinflussen. Im Zuge der Globalisierung kommt etliche Schwellenländer mit ähnlichem Bedarf dazu.
Aber es sind auch eine ganze Reihe von weiteren nicht-staatlichen Akteuren, die jetzt in Rohstoffmärkten mitmischen und sie aufmischen. Neben Rohstoffhändlern spielen auch Hedge-Fonds, Index Funds und Banken mit. Rohstoffmärkte und Finanzmärkte haben sich zunehmend verflochten. Es wird immer mehr virtuell mit Rohstoffen gehandelt. Laut dem Handelsblatt wurden im Mai an der Chicago Börse zum Beispiel rund 350 Millionen Tonnen Weizen virtuell gehandelt, was mehr als der Hälfte der weltweiten Weizenproduktion dieses Jahres entspricht.
Gegen diese Fehlentwicklungen gibt es eine klare Forderung: Die Politik sollte eingreifen, um damit zu sorgen, dass auf solche fundamentalen Güter wie Lebensmittel nicht spekuliert wird.
Die USA haben mit ihrer Dodd-Frank Gesetzgebung damit begonnen. Diese Woche hat endlich die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) nach kontroverser Debatte beschlossen, “position limits” auf den Handel mit Öl, Metallen und Getreide zu setzen. Das Grundprinzip: Ein Händler soll nur noch eine begrenzte Zahl von Kontrakten eingehen können. So soll die Spekulation eingedämmt werden.
In der EU haben wir solche Maßnahmen auch viel besprochen, unter anderem in einer Anhörung des Industrieausschusses zu Rohstoffen. Auch in der Kommission wogte die Diskussion hin und her. Als im September ein MiFID-Entwurf bekannt wurde, der dem amerikanische Vorbild folgte, hieß es zugleich, es gebe von den Mitgliedsstaaten (vor allem Großbritannien) starke Vorbehalte.
Kommissar Barnier hat sich nun nicht abschrecken lassen und schlägt zeitweilige “position limits” durch die European Securities and Markets Authority (ESMA) vor wenn die Mitgliedstaaten selber nicht genügend eingreifen. Ein kleines Schrittchen nach vorne gegen Rohstoff-Spekulation. Weitergehende Forderungen wie von Foodwatch gerade erhoben wurden sind damit aber nicht vom Tisch.