Reinhard Bütikofer über Folgen der Bundespräsidentenwahl
Herr Bütikofer, Frau Schwan hat es wieder nicht geschafft, Bundespräsidentin zu werden. Die SPD sagt nun, die Grünen sind daran schuld. Waren sie es tatsächlich?
Ich möchte Gesine Schwan für diese Kandidatur danken. Es war richtig, dass sie eine demokratische Alternative geboten hat. Aber es war im Vorfeld klar, dass es einen Vorteil für Horst Köhler gab. Ich gehe davon aus, dass die Mehrzahl der Enthaltungen aus den Reihen der SPD gekommen
ist. Doch Nachtreten bringt jetzt nichts. Jedenfalls ist die vermeintliche Stärke des selbsterklärten bürgerlichen Lagers bloßer Schein.
Die Grüne Silke Stokar hat Köhler gewählt. Wollte sie Schwan treffen oder die SPD?
Ich kenne niemanden bei den Grünen, der Frau Schwan treffen wollte. Silke Stokars Verhalten ist mir allerdings schleierhaft. Sie hätte ja die Möglichkeit gehabt, vorher zu sagen, was sie vorhat. Uschi Eid
beispielsweise hat ihre Neigung, Horst Köhler zu wählen, früh mitgeteilt. Mit so was können wir als Grüne umgehen!
Schwan hält die DDR nicht für einen „Unrechtsstaat”. Hat sie übersehen, dass die Grünen die DDR-Bürgerrechtler zu ihren programmatischen Wurzeln zählen?
Und damit hat sie bei uns etliche irritiert. Aber die allermeisten, die sich an dem Punkt mit der Kandidatin unzufrieden gezeigt haben, haben trotzdem gesagt: Wir wählen sie.
In NRW gibt es gleichwohl Überlegungen, 2010 auch Rot-Rot-Grün zu versuchen, um Schwarz-Gelb zu verhindern. Schwanken die Grünen bei der Koalitionsfrage nicht genauso hin und her wie die SPD?
Ich will einen klaren Strich ziehen zwischen der Bundespräsidentenwahl und der Bundestagswahl. Die Wahl am Samstag war eine Personenwahl, Lagerlogik hineinzuinterpretieren ist völlig unangemessen. Was die Position der Grünen für die Bundestagswahl betrifft, haben wir uns klar festgelegt. Insofern schwanken wir überhaupt nicht. Nordrhein-Westfalen steht jetzt nicht an.
Schließen Sie auf Bundesebene eine Ampelkoalition aus?
Wir schließen die Ampelkoalition, bestehend aus SPD, Grünen und der FDP, ausdrücklich nicht aus. Wir erklären allerdings diese Ampelkoalition nicht zu unserem Ziel. Auch für diese hypothetische Konstellation gilt: Wenn wir ein paar Dinge gestalten, etwa in der Umweltpolitik, kommt es
im Kern auf die eigene grüne Stärke an.
Und im Notfall koalieren die Grünen doch noch mit der Linkspartei?
Glaube ich nicht. Der Notfall ist die aktuelle Krise, und die Linken zeigen in der aktuellen Krise, dass sie sich so selbstgefällig mit ihren populistischen Sprüchen eingerichtet haben, dass ihnen konkrete
Antworten gar nicht mehr einfallen. Die Linke fällt in der Krise zurück. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in solch einer Situation eine Regierung auf populistische Bekenntnisse baut – und auf eine
antieuropäische, nicht bündnisfähige Außenpolitik. Insofern gilt: bis wir mal ernsthaft auf bundespolitischer Ebene über eine Koalition mit den Linken reden, muss noch viel Wasser die Spree und den Neckar hinunterfließen.