PM Nr. 114/08 vom 23.07.2008
Zum heutigen Auftritt von Bundeskanzlerin Merkel vor der Bundespressekonferenz erklären Reinhard Bütikofer und Claudia Roth, Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Die Bundeskanzlerin hat eine merkwürdige Zwischenbilanz ihrer großen Koalition gezogen. Nicht investieren, sanieren und reformieren, sondern abkassieren, rumlavieren und blockieren ist der zentrale Dreiklang dieser großen Koalition.
Die Bundeskanzlerin rühmt sich neuer Arbeitsplätze, die der Weltkonjunktur und den Reformen der Vorgängerregierung zu verdanken sind, aber zu allerletzt der aktuellen Koalition. Merkels bockige Verweigerungshaltung beim Mindestlohn vor allem im Bereich der Zeitarbeit ist ein Hohn, insbesondere angesichts der inflationären Entwicklung.
Sie rühmt sich eines Klima- und Energiepaketes und einer Haushaltssanierung, bei denen jeweils die Regierung konsequentes Handeln noch unter Beweis stellen muss. Mit Blick auf schwächere Konjunkturerwartungen hat die große Koalition haushaltspolitisch zu wenig vorgesorgt. Bei der Klima- und Energiepolitik herrscht nach vollmundigen Ankündigungen des vergangenen Jahres jetzt regierungsamtliche Verzögerung, lobbyhörige Blockade und allenfalls in einigen Punkten halb entschlossenes Handeln.
Merkel rühmt sich sinkender Lohnnebenkosten und wird und kann doch nicht sicherstellen, dass die Lohnnebenkosten unter die versprochene 40-Prozent-Marke sinken. Der Gesundheitsfonds wird, wenn er kommt, bürokratisch, sozial ungerecht und teuer. Eine durchgreifende Reduzierung der Versicherungsbeiträge bei unteren Einkommen hat die Regierung erst gar nicht angepackt. Das die Bundeskanzlerin einen sogenannten Bildungsgipfel zu den Höhepunkten des noch zu erwartenden Regierungshandeln zählt, den sie plant, obwohl der Bund dafür keinerlei Zuständigkeit besitzt, ist ein wunderschönes Beispiel für Spiegelfechterei und offizielle Als-ob-Politik. Die ganze Republik weiß, dass die große Koalition orientierungslos dümpelt. Mehr Ehrlichkeit der Kanzlerin wäre da angemessener gewesen.
Merkels Eigenlob stinkt.“