Eine Weichenstellung im Kampf um TTIP – und wie Martin Schulz sie manipuliert …

Udpate meines Beitrags von heute Mittag: Nur einen Tag vor der Abstimmung zu einem umstrittenen TTIP Bericht sagt Parlamentspräsident Schulz diese ab. Für mich ist das eine politische Manipulation. Schulz bestätigt damit was außerordentlich heftige Lobbyaktivitäten seitens verschiedener Wirtschaftsverbände zuvor schon signalisiert hatten: Trotz eines faulen Kompromisses im Handelsausschuss zwischen Sozialdemokraten und Konservativen ist man sich offenbar nicht ausreichend sicher, für die vorgeschlagenen Regelungen zur Paralleljustiz zugunsten von internationalen Investoren (ISDS) eine Mehrheit zu bekommen. Jetzt zieht Schulz erst einmal die Notbremse um zu verhindern, dass die Lobbyisten diese Woche schon Schiffbruch erleiden. So erstaunlich dieser Vorstoß von Martin Schulz ist, so wenig wird er die Entwicklung der europäischen Diskussion zugunsten des Lobbyistenlagers umkehren können. Dass es TTIP mit ISDS geben wird, wird immer unwahrscheinlicher.

Mehr dazu unter anderem auf Spiegel Online.

 

Beitrag vom 9.Juni 2015 - 13:27

Am Mittwoch stimmen wir im Europäischen Parlament über eine Resolution zu TTIP ab, die auf einem Initiativbericht des sozialdemokratischen Abgeordneten Bernd Lange beruht. Im Zentrum aller Aufmerksamkeit: das Thema Schiedsgerichte (ISDS).

Nachdem sich der Berichtsentwurf noch klar gegen ISDS ausgesprochen hatte, sind die europäischen Sozialdemokraten im Handelsausschuss vor den Konservativen eingeknickt. In der aktuellen Version des Berichts, die am Mittwoch im Plenum abgestimmt werden soll, fehlt nun die ablehnende Position zu ISDS. Ein solches Zeichen von Seiten des EPs wäre natürlich ein Geschenk an die Europäische Kommission, den Protest vieler BürgerInnen gegen TTIP mit Verweis auf die Abstimmung im EP beiseite zu wischen. Dagegen stellen wir uns. Neuerdings hat nun der Berichterstatter der sozialdemokratischen Fraktion, David Martin, wieder erklärt, man sei bei den Sozialdemokraten doch gegen ISDS. Hü und Hott.

Wir Grüne lehnen diese Sondergerichtsbarkeit ab. Sie ist angesichts bestehender ausgebildeter Rechtssysteme unnötig, undemokratisch und begünstigt große über kleine und mittlere Unternehmen. Ähnlich sieht das auch der DGB, der in einem Brief an Europaabgeordnete ISDS klar ablehnt und auch weitere Kritik äußert.

Ich unterstütze unseren Änderungsantrag 27, der einen Absatz in den Bericht aufnehmen will, durch den sich das Europaparlament klar gegen ISDS in einem möglichen TTIP aussprechen soll.

Ganz anders als der DGB setzt sich der BDI für ISDS ein: „Es wäre für uns daher nicht akzeptabel, im Rahmen von TTIP auf einen ISDS-Mechanismus zu verzichten.“ Der BDI sollte vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass diese Position noch nicht einmal in der deutschen Wirtschaft einhellig geteilt wird. Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (MVMW) ist ebenso wie viele kleine und mittlere Unternehmen gegen ISDS. Wenn der BDI dagegen schreibt, eine Ablehnung von ISDS drohe „das gesamte TTIP Abkommen zu gefährden“, dann vermischt er das, was am Freihandel positiv sein kann, willkürlich mit den Sonderinteressen von Konzernlobbies. Durch solche Irrtümer landet man in der Sackgasse, lieber BDI.

Foto by Diliff (Own work) [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons