Europäische Industriepolitik: Viele Zahlen machen keine Strategie!
Zur heutigen Veröffentlichung der Mitteilung zu einer europäischen Industriepolitik durch Vize-Präsident Tajani, erklärt Reinhard Bütikofer, stellvertretender Vorsitzender und industriepolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA:
“Stolz verkündet Vize-Präsident Tajani heute eine europäische Industriepolitik. Wer kann gegen Industriepolitik sein? Die Frage ist jedoch nicht, ob wir Industriepolitik machen, sondern welche. Die Mitgliedstaaten machen seit langem Industriepolitik, unter ganz verschiedenen Etiketten. Und nach ganz unterschiedlichen Prioritäten. Wird das nun europäisch koordiniert? So weit geht der Ehrgeiz nicht.
Aus grüner Sicht braucht Europa eine ökologisch-innovative Industriepolitik mit einer ordnungspolitischen Marktorientierung, um Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und eine ökologische Re-Industrialisierung voranzubringen. Beides ist aber unter Druck: Industriepolitik wird zu häufig als Deckmantel für etatistische Markteingriffe oder als Abrechnung gegen ökologisch-innovative Regulierungen genutzt.
Anstatt eine konkrete Strategie zur Wiederbelegung der europäischen Industrie und vor allem einer Reindustrialisierung des angeschlagenen Südgürtel Europas vorzulegen, formuliert das Tajani-Papier eine ganze Reihe von Prozentsatz-Zielen. Instrumente wie zum Beispiel eine bessere Nutzung des öffentlichen Beschaffungswesens fehlen. Zahlenziele lahmen ohne konkrete Instrumente.
Begrüßenswert sind die Vorschläge zu einer Task Force für high-tech Verarbeitungstechnologien, der Erschließung neuer Märkte im Bereich des Recyclings, sowie den Ideen für neue Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen. Vor allem innovationstreibende Maßnahmen wie die Steigerung der Ressourceneffizienz sollten vorangebracht und nicht durch überbürokratische Wettbewerbsverträglichkeitsgarantieüberprüfungsforderungen aufgehalten werden.”