GASP: Enthaltung ist für Arschlöcher

Es ist eins der beliebten Zitate von Daniel Cohn-Bendit; vor allem seine französischen KollegInnen im Europäischen Parlament hat er damit schon oft erfreut: “Enthaltung ist für Arschlöcher”. Bei der Abstimmung über den Brok-Bericht zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU habe ich mich diesmal mit-enthalten.

Elmar Brok war in den Verhandlungen zu dem von ihm entworfenen Bericht nicht unfair. Von den 40 Änderungsanträgen, die die Grüne/EFA Fraktion einbrachte, wurden übernommen oder in Kompromissformulierungen eingebaut: Militärische Mittel, so eine der Formulierungen, dürfen nur im Rahmen des Internationalen Rechts angewendet werden. Wir bedauern explizit, dass die bilateralen Beziehungen von Mitgliedsländern die gemeinsame Außenpolitik überschatten. Wir fordern frische, überzeugende und ehrliche Anstrengungen zur Revitalisierung des Erweiterungsprozesses. Wir begrüßen die Wasser-Initiative der EU in Zentralasien. Wir wollen die höchstmöglichen Standards von Menschenrechten und dem Humanitären Kriegsvölkerrecht durchgesetzt sehen bei den Verhandlungen über ein Arms Trade Treaty (ATT). Wir sind überzeugt, dass der Vorschlag eines autonomen oder halbautonomen EU-Friedensinstituts eine vielversprechende Idee ist. Wir wollen Energiesicherheit erhöhen durch Vermeidung des Energieimports aus Ländern, die die “Werte der EU” nicht teilen. (Was Werte der EU sind, ist mir nicht klar. Sind das andere Werte als die Universellen, zu denen wir uns bekennen?)

Wohlgemerkt: Ich mache mich über diese in langwierigen Verhandlungen erreichten Veränderungen der Resolution nicht lustig. Die Auseinandersetzung um die Orientierung der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik verlaufen nun auch mal als ständiges Handgemenge um Formulierungen und als Kleinkrieg um Zentimeter-Gewinne im Dokumenten-Chinesisch.

Ich habe auch ein paar Text-Erfolge beigetragen. Dass die EU stärker auf die Zusammenarbeit mit ASEAN und anderen regionalen Staatengemeinschaften setzen soll. Dass man/frau China nicht einfach mit dem erhobenen Zeigefinger Lektionen erteilt, sondern wir das Ziel einer strategischen Partnerschaft explizit formulieren. Dass der Absatz zu Taiwan nüchterner wird. Dass die Forderung nach besserer Kohärenz der Europäischen Politik am Horn von Afrika formuliert wird. Ich kann auch ansonsten mit vielem gut leben, das in diesem Bericht angesprochen wird. Ich freue mich, dass das Konzept einer “Strategic Autonomy” der EU-Sicherheitspolitik, das ich schon lange für eine teure Illusion halte, in dieser Resolution nicht wieder vorkommt.

Trotzdem stimme ich nicht zu. Das hat insbesondere drei Gründe. An drei Stellen fordert der Bericht, dass wichtige Weichen falsch gestellt werden: Er will Verteidigungsforschung aus dem EU-Budget finanzieren. Er will die Europäische Verteidigungsagentur aus dem EU-Haushalt finanzieren. Er begrüßt ganz pauschal  ohne Einschränkungen  die bestehenden und noch in Verhandlung befindlichen Freihandelsabkommen mit lateinamerikanischen Staaten. Sorry. Elmar, dafür stimme ich nicht.

Photo Credit: (FlickR) European Parliament