Der Wald und die Blase

GASTBEITRAG VON REGINE RICHTER (URGEWALD) ZUR CARBON BUBBLE THEMENSEITE

Beim Namen „urgewald“ denken die meisten Menschen, dass wir vornehmlich eine Waldschutzorganisation seien. Tatsächlich jedoch beschäftigen wir uns seit Jahren neben Wald- intensiv mit Energiethemen. Wobei natürlich beide eng zusammenhängen, wenn etwa Wälder für Kohleabbau oder Staudämme zerstört werden. Da wir außerdem seit der Gründung besonders auf Finanzinstitutionen schauen, ist der Weg vom Wald zur Kohlenstoff-Blase nicht weit.

Spannend ist es, die Evolution des Konzepts mitzuverfolgen. Im Jahr 2011, als die Carbon Tracker Initiative das Konzept zuerst veröffentlichte, organisierten wir einen Dialog mit Banken zum Thema „Klimakiller Kohle“ und bezogen uns auf die Kohlenstoffblase. Damals ernteten wir Kopfschütteln und den Hinweis, dass dies kein für die Banken relevanter Ansatz sei. Auf die Nachfrage, wie viel Geld die Banken denn in fossilen Energien- oder speziell Kohlefirmen angelegt hätten, konnte keine Bank Angaben machen, so etwas würde nicht erhoben.

Klimakiller-Banken

Ich weiß nicht, ob Banken solche Daten inzwischen erheben, aber so einfach vom Tisch wischen wie damals können sie die Kohlenstoffblase nicht mehr. Dazu ist die Divestment-Bewegung inzwischen zu stark. Wir hoffen, ein wenig zu Verbreitung des Konzepts beigetragen zu haben. So haben wir seit 2011 immer wieder Finanzrecherchen machen lassen, wie stark internationale und deutsche Banken die Kohleindustrie finanziell unterstützen, zusammengefasst etwa in der Broschüre „Ist meine Bank ein Klimakiller“ von 2012. Die größten Klimasünder waren dort die Deutsche Bank (11,5 Mrd. Euro  für 71 internationale Kohlefirmen zwischen 2005 und 2011), gefolgt von der HypoVereinsbank/UniCredit (5,2 Mrd. Euro im gleichen Zeitraum) und der Commerzbank (4 Mrd. Euro). Die Deutsche Bank schafft es auch im internationalen Vergleich immer wieder unter die Top 10 Klimakillerbanken. Um Alternativen aufzuzeigen, haben wir zusätzlich Informationen zu Alternativbanken zusammengetragen und Menschen im Bankwechselbündnis ermuntert, ihren „Kohle- und Atombanken“ den Rücken zu kehren.

Versicherer

Ein weiterer offensichtlicher Adressat für Aktivitäten rund um die Kohlenstoffblase sind Versicherungen. So haben wir in unsere Untersuchungen die Allianz mit eingeschlossen. Sie gehört ebenfalls zu den großen internationalen Kohleinvestoren und verwaltet darüber hinaus in großem Maße Anleihen und Aktien von Shell, Gazprom und Chevron, drei der sechs größten „Carbon Majors“: Unternehmen, die weltweit für die höchsten CO2-Emissionen durch die Förderung fossiler Brennstoffe verantwortlich sind. Was die Allianz mit dem Druck von außen tun wird, muss sich noch zeigen. Im Dezember 2014 immerhin kündigte die Allianz Österreich einen Rückzug aus Kohleinvestitionen an.

Dear Norway: please divest

Solche Ankündigungen sind ein positiver erster Schritt, erfordern aber erhöhte Aufmerksamkeit. Das sehen wir am Beispiel des norwegischen Pensionsfonds. Dieser größte Staatsfonds der Welt ist in vielem vorbildlich: so unterliegt er ethischen, sozialen und ökologischen Regeln und schließt deswegen die Beteiligung an etlichen Unternehmen aus. Das Parlament entscheidet mit über seine Richtlinien. Aktuell wird darüber debattiert, in welcher Form der Fonds aus Kohleinvestitionen aussteigt. Tatsächlich kündigte das Management mit großer Geste an, dass der Fonds sich aus Duzenden Kohlefirmen zurückgezogen habe.  Jedoch steckt der Teufel im Detail, denn nach unseren Recherchen ist der Fonds immer noch ein großer Kohle-Investor – und unter anderem einer der größten Anteilseigner bei RWE und E.ON. Und dies obwohl zahlreiche Wettbewerber den Weg gezeigt und Kohlebeteiligungen verkauft haben. Deshalb sammeln wir aktuell gemeinsam mit internationalen Kollegen weltweit Statements von Menschen, die den norwegischen Pensionsfonds bitten: „Dear Norway, please divest!“ Denn wenn sich ein so vorbildlicher Fonds wie der norwegische halbherzig durchwursteln kann, setzt er ein ganz falsches Vorbild.

 

Regine Richter, Urgewald e.V.

Regine Richter, Urgewald e.V.

Regine Richter arbeitet seit 2001 als Referentin für internationale Finanzinstitutionen bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. Ihre Schwerpunkte sind Energiethemen und die Institutionen Europäische Investitionsbank, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Hermesbürgschaften sowie deutsche Privatbanken.

(Foto CC BY-SA 2.0 Heinrich Böll Stiftung)